Swutscher – s/t – Review
Die Band SWUTSCHER – bestehend aus Sascha, Velvet, Seb, Mike und Martin – kommt aus Norddeutschland und bietet uns eine beinahe vergessene Mischung aus Garage-Rock, Country und Schlager an, die sie im Ergebnis selbst dann Pub Rock nennen. SWUTSCHER gehören zu den Bands, bei denen es wichtig erscheint, zu wissen, wer genau dabei ist und zwar nicht nur, weil ihr zweites Album „s/t“ (steht für self titled ) ist.
Aber man spürt deutlich die Menschen hinter der Musik und das ist der eigentliche Kern der Sache, wenn man die etwas abgegriffene Formulierung „handgemachte Musik“ verwendet. Und das führt letztendlich auch dazu, dass Musik und Texte dicht miteinander verbunden sind und die Instrumente nicht nur von der Seite irgendwas reinrufen, sondern Stimmungen und Inhalte sensibel aufnehmen und nach ihren Möglichkeiten in ein kollektives Gefühl übersetzen.
SWUTSCHER schenken uns Zärtlichkeit
Auf dem Artwork zu ihrem zweiten Album stehen SWUTSCHER vor einem ausgebrannten Nordsee-Hotel. Alles an diesem intensiven Bild, gemacht von Manuel Tröndle, wirkt angenehm aus der Zeit gefallen. Die Blicke der einzelnen Bandmitglieder und die Wärme und Freundlichkeit, die sie in dieser eher unwirtlich wirkenden Umgebung ausstrahlen, erzeugen einen interessanten Widerspruch. Die Anspielung auf das Hotel mag eine andere sein, denn das augenzwinkernde Label Pub Rock kommt nicht von ungefähr.
SWUTSCHER zielen mit ihrer Musik auf diese Momente ab, wenn sich in Geselligkeit und auch unter Einfluss von Alkohol etwas löst in den Menschen. Wenn man gefühlig wird und ohne es zu wollen, an den tief vergrabenen Emotionen zerrt, gedankenverloren mit einem halbvollen Glas als Letzte auf der Tanzfläche swooft oder gemeinsam schunkelnd ein trauriges Lied über den Tod singt.
Geselligkeit ohne Nebenwirkungen
SWUTSCHER packen dieses Gefühl ohne Nebenwirkungen in ihre Songs, sodass man es gerne auch nüchtern oder daheim alleine abrufen kann. Die Authentizität speist sich zum einen aus der Aufnahme im Watt’n Sound und im Elbeich Studio und auch aus der Auswahl der Instrumente. Akkordeon, Cembalo, Slidegitarren, Saxofon, Percussion und eine Schrubbelgitarre zaubern die passende Dichte und ergänzen das Standardsetting.
Musik über das Leben
Die Lieder auf „s/t“ von SWUTSCHER sind etwas dichter, als auf den vorherigen Veröffentlichungen. Das liegt mit Sicherheit daran, dass die Bandmitglieder noch mehr gemeinsam geschrieben haben. Unterm Strich geht es bei SWUTSCHER um das Leben. Das Gefühl anzukommen und sich wohlzufühlen, das Loslassen von Gedankenschleifen und Zwängen, das gemeinsame Feiern und auch um die eine Person, die beim Feiern immer bisschen drüber ist und von den anderen mit einer Mischung aus Fremdscham und Achtung beäugt wird.
Die Texte erscheinen skizzenhaft, bieten aber gerade deshalb viel Interpretationsfläche und sind bei genauer Betrachtung auffallend persönlich. Selbstredend gibt es auch eine Ode an die Kaltschale, zu „Palm Royale“ swingen wir uns gemeinsam in einen harmlosen, belgischen Bierschwips. Die Idee zum Song ist natürlich von einer wahren Begebenheit inspiriert, ebenso wie die zum neu aufgelegten Song „Bodo“.
Keine Lösung ist auch eine Lösung
Zu einer guten Party gehören nämlich mit Sicherheit auch die sentimentalen Momente und SWUTSCHER sparen diese nicht aus. Den letzten Song widmen sie der Geschichte von Saschas Opa. Eine intuitiv getextete Auseinandersetzung mit einer bipolaren Störung und der damit verbundenen Hilflosigkeit bei den Betroffenen und denen, die sie lieben. Ohne Zeigefinger und ohne Lösungsvorschlag, denn die meisten Dinge im Leben passieren einfach, auch die schlechten. SWUTSCHER entlassen uns mit einem stetig anschwellenden, instrumentalen Finale, aber eben gerade so melancholisch, dass man noch die Kraft findet, direkt wieder mit „Daheim“ neu in die Platte zu starten. Muss man trotzdem unbedingt live sehen.
Dauer: 41:59
Label: La Pochette Surprise Records
VÖ: 25.02.2022
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