Graduating Life – II – Review
Mit „II“ meldet sich die kalifornische Rockband GRADUATING LIFE zurück. Schon der Opener „Photo Album” ist so prall gefüllt und leidenschaftlich vorgetragen, dass man sich fragt, was da überhaupt noch kommen kann. Der leicht näselnde Gesang von Bart Thompson wirkt immer etwas schelmisch, als ob er nach der nächsten Textzeilen seinem Weltschmerz die Hose herunterzieht und alles als großen, spaßigen Bluff enttarnt. Aber nein, die in Songs gegossenen, schmerzhaften Erfahrungen und die Zweifel sind echt.
Da trifft es sich gut, dass er immer einen gewissen Hardcore-Antrieb hat und den Gesang innerhalb von Sekunden etwas harscher drehen kann. Alles an „Graduating Life“ zieht nach vorne, nach dem energetischen „Fine“ nicht fein zu sein, ist fast unmöglich. Gitarren und Drums preschen so kompromisslos nach vorne, dass das kaum an einem abprallen kann.
Schonungslose Offenheit als Schutzschild
Manchmal ist es schon fast peinlich, wie offen Bart Thompson textet, man fühlt sich wie ein*e Lauscher*in („Black Skinny Jeans“). Dass die Band sich selbst einfach als Rock’n’Roll Band bezeichnet, kann Vor- und Nachteile haben. Zum einen halten sie sich damit alles offen. Die meisten Songs streifen tatsächlich ganz organisch alle möglichen Genres und weisen Spuren von Indie, Crossover, Singer-Songwriter, Punk und Alternative Rock auf. Aber alle, die sich anhand der Genres orientieren, denken bei Rock’n’Roll eher an eine Opi-Band mit „Hey ho und jetzt alle!“-Attitüde.
Dabei ist ein Song wie „The Black“ ist so viel mehr. Soft, tanzbar und dringlich setzt sich Thompson auf den dominanten Basslauf. Chöre flankieren ihn und anstelle eines Refrains eskalieren kratzige Gitarren als Kontrast. Der Song ist sowieso ein einziger Kontrast, in dem sich der Protagonist quasi mit der Akzeptanz von Ablehnung auseinandersetzt. GRADUATING LIFE erzählen nicht nur von sich, besonders gut sind die Momente, in denen sie ihre Zuhörer*innen konkret ansprechen und die Musik als Eskalation anbieten. Ihr Gespür dafür, wann es Zeit ist, an die Instrumente abzugeben, ist bemerkenswert.
Musik als Tröster und Ventil
Das ist mit Sicherheit eine der größten Stärken der Bands; die Abstimmung von Musik und Inhalten. Es wird smart mit Stimmungen gespielt und die Töne nehmen intuitiv die besungenen Inhalte auf. Nicht selten starten sie einfach und spannen dann einen bunten Bogen aus Stilwechsel und Klimax, den man in dieser Vielfalt niemals erwartet hätte („19 Stars“). Sie sind sich der Kraft von Musik sehr bewusst („Five Years“) und leisten ihren Beitrag. Man muss allerdings festhalten, dass GRADUATING LIFE diese Musik auch locker in den Neunzigerjahren hätten veröffentlichen können. Vieles ist gut erprobt von anderen Bands und auf Bassbomben oder irre Synthie-Polyrhythmen wartet man hier vergebens.
Die Tipps, die die Band rausgibt, sind niemals belehrend, sondern mal nur erschreckend simpel: „Ruf mal deine Freunde an. Lass den Schmerz raus, dann musst du weniger davon mit dir herumtragen!“ Ob man das Leben bestanden hat, wird eh erst am Ende klar und wahrscheinlich noch nicht mal dann. „II“ von GRADUATING LIFE ist auf jeden Fall eine sehr schöne Konfrontation mit den Gedanken über Anfang, Ende und vor allem die Zeit dazwischen.
Dauer: 31:12
Label: Pure Noise Records
VÖ: 09.07.2021
Tracklist „II” von GRADUATING LIFE
Photo Album
Fine
Let’s Make A Scene
In The Back
Crushed & Smothered
Five Years
Black Skinny Jeans
Not That Bad
19 Stars
I Wrote You This Song
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