Kaak 2021 Foto von DoppelgaengerMedien

Track by Track mit Kaak zum Debütalbum

Worum geht es hier überhaupt? Was labern die? Viele Bands schreiben sich selbst auf die Fahnen, dass ihre Texte wahnsinnig tiefsinnig sind, manche haken einfach nur die üblichen Floskeln auf einer heimlichen Liste ab. Auf Nachfrage können viele Bands dann leider wenig über ihre Texte erzählen. Bei Leon von der Band KAAK ist das anders, denn schon alleine aufgrund der Tatsache, dass es zu jedem Song ein Video gibt, musste man sich zwangsläufig stärker mit den Inhalten auseinandersetzen.

Gib Mir Alles ist wohl echt der wildeste unserer Songs – und deswegen auch einer meiner persönlichen Lieblinge. Sowohl textlich als auch musikalisch fühlt sich das Ding am meisten nach „Leinen Los“ an. Das ist einer dieser Songs, bei denen man auch einfach nicht weiß, wie andere Leute darauf reagieren, so wie meistens, wenn man sich mal etwas (verhältnismäßig) wirklich Extremes traut. Ging zum Glück nicht nach hinten los!

Ich komme wieder ist in vielerlei Hinsicht das absolute Gegenteil von „Gib Mir Alles“ und macht aber genau deshalb – auf ´ne sehr andere Art und Weise – total Spaß! Der Song ist genau so schnell und unverkopft wie „Gib Mir Alles“ entstanden, aber aus einer völlig anderen Laune heraus und in einer völlig anderen Zeit. Manchmal braucht das Rock-Herz eben einfach eine große Hookline, ein simples Riff und ein bisschen Herzschmerz, um sich zu freuen!

Tic Tac Toe ist quasi der einzige Song, dessen textlicher Inhalt aus der ursprünglich englischen Version übernommen wurde und einer der ersten, der fertig war. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – einer meiner Favourites. Das Instrumental ist wirklich schon uralt, aber der punkige Refrain ist vor allem live immer wieder ein super Pick-me-Up zwischen den komplexeren Stücken.

Nichts Ist Gut Genug war definitiv einer der aufwendigeren Songs im Schreibprozess. Wir haben extrem lange und viel am Playback herumgedoktert, bis wir zufrieden waren. Aber die Mühe hat sich definitiv gelohnt, denn stilistisch vereint „Nichts Ist Gut Genug“ viele der Dinge, die mir auf dem ersten Album wichtig waren: Unabgedroschene Akkordfolgen und raue Power, ohne die Details aus den Augen zu verlieren und emotionale Texte, ohne peinlich zu werden. Außerdem liebe ich es, wenn Livepublikum, das uns noch nicht kennt, das Outro nicht checkt!

Schrei Doch klingt erstmal wie eine Anklage an jemand anderen, ist aber eigentlich eher ein Selbstgespräch. Aus Prinzip und deshalb in die falsche Richtung anti zu sein, war lange ein Problem für mich – und das musste ich mir anscheinend mal selbst ganz deutlich sagen, um es zu checken. Nichtsdestotrotz richtet sich der Song natürlich auch gleichermaßen an die egozentrische Lästerkultur vieler Menschen, aus der diese Haltung eben auch bei mir entstanden ist und ist nach wie vor eine Art, bei der sich, glaube ich, viele Menschen mal hinterfragen sollten. Der Titelsong unseres Debüts ist es deshalb geworden, weil der Text genau auf diese Doppeldeutigkeit bezogen sinnbildlich für die generelle Haltung unserer ersten 12 Songs steht, und weil er genauso wie „Nichts Ist Gut Genug“ viele stilistische Elemente vereint, die mir wichtig waren.

Zu Weit ist definitiv einer der eher ungewöhnlicheren Songs auf der Platte und mir auch gerade deshalb sehr wichtig. Sowohl textlich als auch musikalisch haben wir uns hier was Komplexität, Dynamik und Detailvernarrtheit angeht, voll ausgetobt! Auch ein relativ alter Song, der wegen seiner Sperrigkeit gerade live manchmal unter den Tisch fällt, der aber wenn wir Ihn mal spielen, unser alle Musiknerd- und Groove-Herz aufgehen lässt.

Geh Nach Haus hat uns den ersten und bisher einzigen YouTube Hate-Kommentar beschert! Da hat sich ein Typ echt lange und intensiv mit uns und unserer Bandhistorie auseinandergesetzt, um mieseste Riff in all unseren Songs, bei dem ich mir live schon zweimal den Nacken verrenkt habe – also Ich feier’s!

Mit Nie Wieder habe ich auf ’ne Art erst so richtig verstanden, wie ich meinen tiefsitzenden Frust über mich selber adäquat in Text verpacken kann, sodass es sich genau so eklig und abgefuckt anhört, wie es sich auch anfühlt. Tatsächlich ist das musikalisch fast der älteste Song von allen auf dieser Platte und vermutlich genau deshalb auch ziemlich roh, simpel und geradeaus – besonders live immer wieder gut, obwohl ich echt aufpassen muss, dass ich mir vor lauter Reinsteigern in den Selbst-Frust nicht die Stimme zerschieße beim Schreien!

Deine Zeit war die Überwindung einer sehr krassen Texterblockade, die ich im Laufe unseres Releasemarathons 2020 hatte. Wir haben parallel Musikvideos gedreht, schon fertige Songs veröffentlicht, Promo gemacht, die letzten fehlenden Texte geschrieben und Vocals aufgenommen. Ich war einfach völlig überlastet und deshalb total unkreativ.

Irgendwas musst ich aber schreiben und konnte mich dann mit diesem Text sowohl aus meiner Blockade rausreißen, als auch ein Teil des Stresses, den ich zu der Zeit hatte, mit diesem Text verarbeiten. Hier ist übrigens, wie auch bei „Schrei Doch“ und „Geh Nach Haus“ der Text nicht unbedingt eine Anklage nach außen, sondern eher Selbstreflektion. Fun-Fact: „Deine Zeit“ ist der einzige Song, bei dem wir (extrem stümperhafte) Growls unter einige der Shouts gelayert haben, was sich trotz meiner sehr starken anfänglichen Zweifel als sehr cool herausgestellt hat.

Die Selbe Glut sind meine toxischen Selbstansprüche in a Nutshell. Das ganze Musik-Ding war von Anfang an nicht nur ein Hobby für mich, sondern auch die Suche nach Anerkennung, Selbstwertgefühl und mit der stärkste Antrieb zu Produktivität, den ich jemals hatte und nach wie vor habe.

Leider treibt mich das manchmal so sehr an, dass ich mir an meinen eigenen Ambitionen quasi „die Finger verbrenne“ – um dann immer wieder zwischen Antriebslosigkeit und völliger Arbeitsmanie hin und her zu schwenken. Musikalisch definitiv auch ein Liebling, weil da einfach alles drin ist von einfühlsamer Ballade, über komplexe Riffs bis zum epischem Breakdown-artigen Ende.

Bleib Wo Du Bist ist definitiv einer der stilitischen Außenseiter auf dem Album. Hat wahrscheinlich mehr Stadionrock, große Geste und Stilsalat als alle anderen Songs, aber da steh Ich halt auch voll drauf und will Ich vor allem in unserem Live-Set absolut nicht missen wollen. Der Bassist einer befreundeten Band hat mal vor einigen Jahren zu mir gesagt: „Das klingt so, wie man sich die nächste FOO FIGHTERS- Platte wünschen würde.“ Wahrscheinlich eins der tollsten, wenn nicht DAS tollste Kompliment, was man mir als alter FOO FIGHTERS – Fanboy machen konnte zu der Zeit!

Spiegelbild ist meine persönliche Abrechnung mit versteckter Arroganz, ein Appel an die Unsicherheit, die da eigentlich immer hintersteckt und das Lieblingsriff unserer Rhythm-Section, weil sie endlich mal richtig losgrooven dürfen und nicht nur Hardcore-Achtel ballern müssen, weil ich das so cool und unprätentiös finde.

Genau weil der Song so schweinisch groovy ist, hätte ich Ihn fast vom Album geschmissen, aber irgendwie ist es ein schöner stilistischer Kontrast zum Schluss und die beiden Gitarrensolo zum bringen gut auf den Punkt, inwiefern mein Gitarrenkollege Markus und ich in unserem musikalischen Ansatz unterscheiden. Ich so: Lärm, Dissonanz, Melodie. Markus so: das allergeilste hochvirtouse Heldensolo, was ein Gitarrist nur spielen kann!

Krone ist streng genommen gar nicht auf dem Album, aber gehört irgendwie trotzdem dazu, auch wenn er im Nachhinein als digitale Single und phyisch nur auf dem FRUST UND FROST Tape-Sampler von UncleM erschienen ist. Der Text war so ein bisschen meine finale Abrechnung mit den Themen, die mich eh auf der ganzen Platte beschäftigt haben: toxische Selbstinszenierung, Posertum und Arroganz.

Nur hab ich es hier in einem ewigen Schreibprozess irgendwie ehrlicher, direkter und angepisster zu Papier bekommen, als bei den anderen Songs. Die Texte auf dem Album waren wie eine Reise durch meinen eigenen Bullshit, bis ich am Ende mit „Krone“ endlich sagen konnte: Fickt EUCH doch alle mal, ich bin hier nicht der Einzige mit Issues. Das Instrumental gibt es länger als alle anderen und ist quasi ein Relikt aus der Endphase meiner ersten richtigen Band. Irgendwie schön, mit diesem Song die guten, alten Zeiten nochmal zu ehren und gleichzeitig damit das erste Kapitel KAAK abzuschließen – möge das nächste sehr bald kommen!

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