Interview mit Markus und Sebastian von Cold zum Album „s/t“
Mit ihrem „s/t“ Album ist der Band COLD etwas gelungen, dass sich viele Bands wünschen. Ohne angestaubt zu klingen, ist ihre Musik im positiven Sinne zeitlos. Grund genug, um der Band einige Fragen zu stellen, die Drummer Markus und Gitarrist Sebastian gerne beantwortet haben.
„s/t“ ist euer erstes Album, wer ist alles dabei, wer macht was und wie seid ihr als Band zusammengekommen?
Sebastian: Die Band besteht aus Sängerin Hannah, unserem Bassisten Simon, Schlagzeuger Markus und ich spiele Gitarre. Gegründet haben wir uns irgendwann im Jahr 2018. Markus und ich hatten zu dem Zeitpunkt schon eine Weile die Idee, dass wir irgendwann mal zusammen Musik machen wollen. Hannah und Simon sind dann nach einer Weile dazu gekommen, als schon ein Großteil der Songs fertig war.
Markus: Sebastian und ich kennen uns auch schon länger, als es COLD gibt. Zudem wohnen wir noch zusammen in einer WG. Hannah und Sebastian kennen sich auch schon lange und ich hab mit Simon vorher viel Musik gemacht. Also hat die Suche nicht sehr lang gedauert bis wir vollständig waren.
Wieso habt ihr euch gerade für den Bandnamen COLD entschieden? Eure Musik empfinde ich eher als warm.
Sebastian: Wir waren in erster Linie auf der Suche nach einem kurzen Namen. So fiel die Wahl dann auf THE COLD. Das „The“ haben wir dann aber auch noch weggelassen.
Markus: Ich wollte gerne mal eine „The“ Band haben, aber kurz nach unseren Aufnahmen hat uns dann eine Band aus Hannover den Namen weggeschnappt. Also hießen wir ab dann nur noch COLD. Auch wenn die Musik sehr warm klingt, werden viele Leute im Herzen kälter, wenn sie älter werden. Je nachdem, wie viele schlechte Erfahrungen sie so im Leben gesammelt haben. Vielleicht musst du es eher von dieser Seite sehen.
Ihr fackelt nicht lange beim Songwriting, ruckzuck steigt ihr in die Songs ein. Seid ihr generell eine sehr spontane und auch entscheidungsfreudige Band?
Sebastian: Ich würde uns schon als eine sehr spontane Band beschreiben. Zumindest was das Songwriting betrifft. Dafür dauern dann andere Entscheidungen vielleicht etwas länger. Es hat sich aber auch ganz oft als Vorteil herausgestellt, dass wir bestimmte Entscheidungen nochmal überdacht haben.
Markus: Spontan definitiv. Entscheidungsfreudig vielleicht nicht unbedingt. Impulsiv vielleicht?! Kommt immer auf die Stimmung an.
Das Artwork ist ziemlich ungewöhnlich für eine Punkband. Eigentlich ist es meine Stärke in ein Artwork allerhand hinein zu interpretieren, aber dazu fällt selbst mir wenig ein. Welche Idee steckt dahinter?
Markus: Also ohne jetzt zu viel dazu sagen, geht es darum, einen Ort zu haben, an dem man sich geborgen fühlt. Ich mag es, wenn Menschen sich selbst ausmalen, wie es gemeint sein könnte und es verschiedene Deutungen gibt. Deswegen würde ich jetzt ungern meine Interpretation preisgeben.
Sebastian: Das Artwork war schon eine Sache, die uns nicht leicht gefallen ist. Ab einem bestimmten Punkt mussten wir uns dann allerdings etwas einfallen lassen. Wir haben uns dann zusammengesetzt und sind ein paar Ideen durchgegangen. Irgendwann hatte Markus dann die Idee mit dem Bett und der Lichtung im Wald. In einer Nacht- und Nebelaktion ist das Cover dann entstanden.
Eure Musik klingt in meinen Ohren zeitlos, ohne angestaubt zu klingen. Der Sound ist schön organisch und macht manchmal Abstecher in die Achtzigerjahre, ja schon fast in den Classic Rock-Bereich, was sind eure Inspirationen, welche Bands mögt ihr alle?
Sebastian: Danke für das Kompliment. Das mit den Achtzigerjahren wird schon recht oft erwähnt. Der Abstecher in den Classic-Rockbereich, ist selbst für uns neu. Aber so sieht ja jeder Mensch etwas anderes in der Musik und interpretiert auch etwas anderes hinein. Genauso verhält sich das auch mit dem Artwork zu unserer Platte. Da sieht wahrscheinlich jede Person etwas anderes. Wir hören alle ganz unterschiedliche Musik. Mir fällt es gerade schwer eine wirkliche Konsensband zu nennen.
Markus: Finde ich auch schwierig. Die Bandbreite reicht bei mir von PUNCH über FLEETWOOD MAC zu TRUCK STOP. Also wirklich sehr breit gefächert. Zu viele, um alle zu erwähnen. Ich mag das „Ultraviolence“ Album von LANA DEL RAY auch sehr. Wahrscheinlich, weil es von Dan Auerbach von den BLACK KEYS produziert wurde. Die ich übrigens auch sehr mag. Alte ARCADE FIRE-Sachen stehen bei mir auch hoch im Kurs, wenn ich schlechte Laune habe.
Ihr habt das Album live eingespielt, damit haben selbst erfahrene Bands unter Umständen richtig Probleme. Wie lief das ab und warum habt ihr euch dafür entschieden?
Sebastian: Die Platte in so einer kurzen Zeit einzuspielen, ist einfach aus der Not entstanden und war dem Umstand geschuldet, dass wir einfach nur den einen Tag in dem Studio gebucht hatten. Ich kann jetzt auch nicht sagen, dass wir uns akribisch auf die Aufnahmen vorbereitet haben. Wir haben einfach ganz normal geprobt und hatten das Glück, dass wir im Vorfeld noch ein paar Konzerte spielen konnten. Das war sicherlich schon sehr hilfreich.
Markus: Proben nützt also tatsächlich etwas. Und live einspielen macht mehr Spaß, als wenn alle nacheinander aufnehmen. Es ist so, als wenn wir zusammen im Proberaum stehen. Timing und Feeling werden so viel schöner eingefangen. Es ist doch öde, wenn ein Metronom uns sagen muss, wie schnell wir spielen sollen. Manche Parts brauchen einfach eine leichte Veränderung des Tempos. Es wäre schade, das kaputt zu klicken.
Dark-Pop-Punk, so fasst ihr – oder zumindest das Label – eure Musik zusammen. Interessant ist die freizügige Verwendung von Pop, was versteht ihr darunter und warum tun sich wohl so viele Bands damit schwer, Pop-Anteile zuzugeben?
Sebastian: Der Begriff Dark-Pop-Punk schien uns einfach sehr passend. Einfach Pop-Punk oder so, das war etwas zu einfach. Das Genre Pop-Punk ist auch für uns einfach etwas zu negativ besetzt. Ich hätte auch einfach „Punk“ gesagt. Allerdings hätte man sich dann auch wahrscheinlich wieder erklären müssen. Jetzt gibt es einfach noch eine Schublade mehr. Ich finde es als Band auch überhaupt nicht schlimm unsere Anteile von Pop-Musik zuzugeben. Wenn man sich härtere Musik ansieht, besteht diese in den meisten Fällen auch aus ganz einfachen Popstrukturen und hangelt sich am Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Bridge Thema entlang.
Markus: Ich glaube, für viele klingt es einfach nicht ‚cool‘ genug. Dabei ist das Schwachsinn. Der Pop hat viele gute Sachen hervorgebracht.
Ihr seid „die Neuen“ bei Kidnap Records, ein Label, das schon ein sehr konkretes Profil hat, wie kam es dazu, dass ihr gerade dort debütiert habt?
Sebastian: Das Label ist aufgrund eines Konzertes, dass wir mit der Band DÜSENJÄGER gespielt sind auf uns aufmerksam geworden. Ungefähr zwei Wochen danach, kam eine Anfrage, ob wir nicht Lust hätten mal eine Platte zu veröffentlichen. Das Album war zu dem Zeitpunkt schon fertig aufgenommen und musste nur noch gemischt und gemastert werden. Einen Großteil hatten wir also schon erledigt.
Markus: Über die Anfrage haben wir uns sehr gefreut und dann haben wir auch gar nicht lange überlegt. Das Label schien sehr charmant zu sein und der Eindruck hat sich auch bis heute nicht verändert.
Leider liegen mir bisher die Texte nicht vor, erzählt bitte mal, welche Inhalte ihr besingt und was euch dazu inspiriert und wer die Texte schreibt?
Sebastian: Hannah und Markus kümmern sich um die Texte. Ich persönlich finde die Texte schön ambivalent, ohne dabei zu kryptisch zu sein. Das lässt auch noch zu, dass ich mir selber noch was Eigenes bei den Texten denken kann.
Markus: Die Texte handeln oftmals über Verlust und über zwischenmenschliche Beziehungen. Aber auch hier haben wir uns bewusst dafür entschieden, nichts abzudrucken. Es sind sehr persönliche Texte und da finde ich es gut, es den Leuten zu überlassen, genau hinzuhören. Da es kein Geschrei oder Gekeife ist, haben die Leute sogar noch eine Chance, die Lyrics zu verstehen. Vielleicht muss man die Songs einfach noch öfter hören.
Nun hoffen wir mal, dass wir bald wieder Konzerte genießen können. Womit rechnet ihr, mit unbändiger Freude oder damit, dass alle etwas eingerostet sein werden?
Sebastian: Ich finde das gerade sehr schwer einzuschätzen. Wahrscheinlich stellt sich das Gefühl erst wieder ein, wenn man sich wirklich auf einem Konzert befindet. Viele Konzerte, auf die man sich gefreut hat, sind dann ja am Ende doch verschoben worden, oder eben ganz ausgefallen.
Markus: Gute Frage. Beides könnte sein. Zu der Zeit, wo es noch Konzerte gab, hatte ich oft das Gefühl, dass Leute schon übersättigt sind. Zumindest lokal gesehen. Ich hoffe natürlich, dass die Leute ausflippen, sobald es wieder geht. Ich persönlich mag Circle-Pits, Pogo und Stage Diving. Leider müssen ganz viele Leute oft erst ein wenig was trinken, damit die sich das trauen. Das muss sich ändern. Auch bei mir.
Was war die letzte Platte, die ihr euch selbst gekauft habt und wie war die so?
Sebastian: Ich habe mir den Soundtrack zu dem Film „The Fountain“ gekauft. Der Film ist eigentlich nicht so toll, aber der Soundtrack ist großartig.
Markus: Da muss ich kurz überlegen, es ist schon etwas her und dann kaufe ich meistens ein paar mehr. Ich glaube, es war die selbst betitelte NICK WATERHOUSE Platte. Oder RADIOACTIVITY. Ich weiß es nicht mehr. Beide LPs sind auf jeden Fall großartig und ich hörte sie sehr gerne.
Danke für eure Zeit und die tolle Platte. Ich bin froh, um jede Band, die „nicht anders kann“ und weiter Musik macht und Platten veröffentlicht, auch wenn es gerade für Künstler*innen richtig mies aussieht. Gerne können wir mal ein Bierchen trinken, falls man sich über den Weg läuft. Bin gespannt, wie es mit euch weitergeht.
Sebastian: Vielen Dank für das Interview. Hoffentlich bis bald.
Markus: Danke auch! Bis dann!
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