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Isabel Bogdan – Wohnverwandtschaften – Review

Mit ihrem dritten Roman „Wohnverwandtschaften“ erzählt die Übersetzerin und Autorin Isabel Bogdan eine schöne Geschichte über individuelles Scheitern und Zusammenhalt. Wir lesen vom Zusammenleben von vier Menschen, die in einer Wohngemeinschaft gestrandet sind und alle mit ihren eigenen Gedanken und persönlichen Stolpersteinen des Lebens beschäftigt sind. Jörg hat nach dem Tod seiner Frau Brigitte die Zimmer seiner Wohnung untervermietet; im Laufe des Romans werden seine Pläne durchkreuzt. Auch die Schauspielerin Anke hat sich ihre Zukunft anders vorgestellt, wird aber mit über 50 nicht mehr so häufig gebucht und kann somit ihrer Leidenschaft nicht mehr nachgehen. Das Leben genießen kann Murat, der ebenfalls in der Wohngemeinschaft wohnt und durch seine Kindheit darin geübt ist, gute Laune zu verbreiten. Die Zahnärztin Constanze stößt als Letzte dazu und wirbelt die Konstellation nochmals ordentlich durcheinander.

Viel Empathie für alle Beteiligten

Isabel Bogdan hat es sich mit ihrem besonderen Schreibstil in „Wohnverwandtschaften“ nochmals extra schwer gemacht. Sie wechselt ständig die Perspektiven, und so erleben wir die gleichen Situationen aus unterschiedlichen, persönlichen Blickwinkeln und auch in szenischer Darstellung. Das schafft umgehend eine tiefere Bindung zu den Personen, über die wir lesen, und gibt der Autorin mehr Spielraum für den Einblick ins Innere. Durch diese intime Beschreibung der Gedanken erfahren wir Leser einiges, was den anderen noch verborgen bleibt, und können die Momente besser mitfühlen. Auch die Umgebungsbeschreibungen sind sehr akzentuiert und so kann man sich schnell die Wohnung selbst oder den üppigen Garten bildlich und olfaktorisch vorstellen.

Ein möglicher Gegenentwurf zu einer Welt, in der allen alles egal ist

Jörg hält im Grunde alles zusammen; als es ihm gesundheitlich schlecht geht, wird die Gemeinschaft gefordert. Allein die Tatsache, dass in der Wohngemeinschaft keine Studenten und Studentinnen, sondern ältere Menschen wohnen, ist bemerkenswert. Existenzängste und der Wunsch nach Geborgenheit oder Liebe sind keine Bedürfnisse, die ausschließlich jungen Menschen zustehen. Umso schöner ist es, in den aktuell kalten Zeiten mit „Wohnverwandtschaften“ einen Roman zu lesen, in dem unterschiedliche Menschen aufeinander Rücksicht nehmen und trotz eigener Probleme nicht das Wesentliche vergessen. Ganz selbstverständlich stützen sie einander und verschaffen sich gegenseitig neue Möglichkeiten. Ein möglicher Gegenentwurf zu einer Welt, in der allen alles nur noch egal ist.

Seiten: 272
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: ‎ 3462004190
ISBN-13: 978-3462004199
VÖ: 10.10.2024

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