Lest die Review zu "Am Wahn" von TRISTAN BRUSCH bei krachfink.de

Tristan Brusch – Am Wahn – Review

Uff, wie schreibt man jemandem TRISTAN BRUSCH und seine neue Platte „Am Wahn“ ins Ohr? Im besten Fall muss man das gar nicht und es reicht festzuhalten, dass das mittlerweile dritte Album des Künstlers genauso gewaltig und packend ist, wie seine Vorgängerplatten. Musikalisch mal bunt oder in unterschiedlichen Grautönen aufgefächert, teilweise bis auf das Nötigste skelettiert. Eine bunte Mischung aus Chanson, Schlager, Rock, Varieté, Balladen und inhaltlich dafür noch etwas schonungsloser. Er geht bis dahin, wo es weh tut und einen großen Schritt weiter. Denn genau dort, danach und darüber hinaus lauert das echte Glück, wenn auch nur von kurzer Dauer.

TRISTAN BRUSCH 2023, Credits: Rebecca Kraemer

Über die Monster, die wir sind

TRISTAN BRUSCH schlüpft auf „Am Wahn“ scheinbar in viele unterschiedliche Rollen, singt in einer Szene federleicht, mal schnarrend und im nächsten Moment beinahe verdrossen. Am Ende ist er doch immer er selbst, gesteht sich schlichtweg zu, nicht eindimensional zu sein. Die besten Momente sind die, in denen es ihm scheinbar für ein Augenzwinkern gelingt, sich von diesem Wahnsinn namens Lebens zu distanzieren. Er zoomt weit heraus, setzt blitzschnell alles ins Verhältnis und bringt auf den Punkt, dass wir uns und unsere Emotionen in vielen Momenten ernster nehmen sollten und in anderen gerne als so nichtig verstehen dürfen, wie wir sind. Der Wahn steht dabei sinnbildlich „für die Kipppunkte im Leben, dann wenn man sich fragt, ob etwas noch gesund ist oder schon drüber“. So beschreibt es TRISTAN BRUSCH selbst im krachfink.de Podcast. Im wackelig schunkelnden „Oh Lord“ führt uns TRISTAN BRUSCH durch ein Spiegelkabinett, die Atmosphäre ist grotesk und trotzdem beschwingt.

Einer der vielen scheinbar unbefangenen Momente, von denen sich einige als bittersüß entpuppen, wenn man richtig hinhört („Monster“, „Baggersee“). TRISTAN BRUSCH ist nicht nur ein Liedermacher, sondern auch ein begnadeter Geschichtenerzähler. Für beides spricht auch die ungewöhnliche Vorgehensweise bei der Entstehung der Platte: Tristan nahm Songskizzen per Smartphone auf, versendete diese an seinen Produzenten Tim Tautorat, der davon die passende Instrumentierung ableitete. Das zeugt von Vertrauen, aber auch von einer guten kreativen Ausgangslage.

Wer wäre nicht gerne glücklich?

Wer so tief geht wie TRISTAN BRUSCH, der muss zwangsläufig auch Humor haben. Sonst würde man verzweifeln und sonst wäre „Am Wahn“ ein elendes, niederschmetterndes Trauerspiel geworden. Zwischen den Zeilen vermittelt er uns, dass das Leben doch schön ist. „Kein Problem feat. Annett Louisan“ erinnert nicht einfach so an „Je t’aime“ von JANE BIRKIN und SERGE GAINSBOURG und „Glücklich“ könnte nicht zufällig aus der Feder von HERMAN VAN VEEN stammen. Genau das sind einige der Vorbilder von TRISTAN BRUSCH, doch was uns wirklich zugutekommt, ist seine eigene Gabe, uns Gefühle in die Herzen zu musizieren, die eigentlich erstmal nichts mit uns zu tun haben.

Was hat das mit mir zu tun?

„Am Wahn“ kalibriert und sensibilisiert für das, was um uns herum passiert, was abseits von kaufbarem Besitz und Statussymbolen wirklich Bestand haben sollte. Und so durchlebt man mit TRISTAN BRUSCH Trennungsschmerz, Verlustängste und Unsicherheiten, die man bis dahin vielleicht auch nicht so intensiv verspürt hatte und entwickelt dabei aber im Umkehrschluss eine unbändige Freude auf das Leben. TRISTAN BRUSCH schreibt auch auf „Am Wahn“ wieder keine Songs für die Playlisten, er schreibt Songs für die Ewigkeit.

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