Venom Prison – Erebos – Review
Die walisische Metal-Grindcore-Band VENOM PRISON macht es uns mit ihrem neuen, dritten Album „Erebos“ nicht leicht. Richtig so, denn die vielschichtige Darstellung der menschlichen Abgründe will angemessen musikalisch flankiert und inhaltlich unterschiedlich beleuchtet werden. Nach einigen Durchläufen haben sich komplexen Strukturen im Ohr gefestigt und man kann erkennen und genießen, wie verdammt kleinteilig VENOM PRISON denken und komponieren.
Der Reflex, die Band irgendwo zwischen den alten ARCH ENEMY im Duell mit SYLOSIS oder den neuen EMPLOYED TO SERVE einzuordnen, verflüchtigt sich ganz schnell. Das ist anders, das ist viel mehr.
Schuldig, im Sinne der Anklage
Schon im ersten richtigen Song „Judges Of The Underworld“ setzen sich VENOM PRISON smart und kritisch mit vorschneller Verurteilung auseinander. Auch vollkommen unabhängig von Social Media ist es schon immer so gewesen, dass psychisch kranke oder drogenabhängige Menschen von der Gesellschaft als minderwertig abgestempelt werden. Die Vorgeschichte, etwaige Verletzungen, die dazu geführt haben, all das interessiert nicht.
Mit „Comfort Of Conformity“ steigen VENOM PRISON noch tiefer ein, skizzieren eine Abwärtsspirale, die für viele Menschen bereitsteht und in der neoliberale Durchhalteparolen nicht greifen. Für viele, nicht selten PoC, endet diese dann im Gefängnis, dort versauern sie. Wie es sich anfühlt, in der Versenkung dieser Industrie zu verschwinden, fasst die Band in „Castigated In Steel And Concrete“ erschreckend zusammen.
Musik, Text und unterschwellige Emotionen im Einklang
Mit dem bereits bekannten „Pain Of Oizys“, das VENOM PRISON ungewöhnlich sanft brechen und mit Klavier getupft haben, geht es um den unerträglichen Druck, der auf manchen lastet. In den Momenten, in die Depressionen erbarmungslos zuschlagen. Sängerin Larissa Stupar vermittelt die Verletzlichkeit genauso eindrucksvoll, wie die Wut darüber. Der Text fasst schonungslos zusammen, wie dunkel diese Momente sind, die helfende Hand symbolisiert in diesem Fall eher die Musik. Die Musik scheint zu dominieren, denn alle Beteiligten sind extrem talentiert und musizieren wegweisend.
Drummer Joe Bills hat einen unfassbaren Druck, dirigiert die Songs durch unterschiedliche Tempi und das alles im Einklang mit Bassist Mike Jefferies. Die Gitarristen Ash Gray und Ben Thomas stehen den beiden Amott-Brüder (von ARCH ENEMY) in nichts nach, poltern wahlweise nach vorne, zersägen alles oder zünden Melodien, die ohne Umwege ins Herz treffen. Die Instrumente greifen die Ebene darunter an und demonstrieren, wie sich das anfühlt, worüber Larissa singt.
This shit is real
Die Kompositionen von „Erebos“ sind so vielfältig, dass man sie erstmal nur schwer auseinanderpflücken kann. Metal steht über allem, aber die Subgenres Nu Metal, Thrash Metal und angrenzende Genres wie Grindcore und Hardcore blitzen immer wieder durch und drehen die Songs auf „Erebos“ in unvorhersehbare Richtungen. Obendrauf haben VENOM PRISION diverse Synthieeffekte gesetzt, das rasende „Golden Apples Of The Hesperides“ spielt damit auf die Scheinbeteiligung im Internet an. Dieses Gefühl irre aktiv zu sein und dabei immer mehr von den tatsächlich verfügbaren Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Gestaltung abzugeben.
Larissa stellt mit „Say, do you think you choose out of free will?“ die entscheidende Frage und das Outro lässt einen wirklich sehr nachdenklich zurück. Die brutale, rohe Musik ist mit Sicherheit das, was einem bei VENOM PRISON zuerst auffällt. Doch die Musik ist nichts gegen die Texte und die Tatsache, dass sie nicht fiktiv und nicht übertrieben sind. Keine Geschichten über Teufel, Zombies und Hölle. Nope, this shit is real.
Dauer: 49:05
Label: Century Media
VÖ: 04.02.2022
Tracklist „Erebos“ von VENOM PRISON
Born From Chaos
Judges Of The Underworld
Nemesis
Comfort Of Complicity
Pain Of Oizys
Golden Apples Of The Hesperides
Castigated In Steel And Concrete
Gorgon Sisters
Veil Of Night
Technologies Of Death
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