Lest die Review zu "Spiritual Sickness" von YEAHRS bei krachfink.de

Yeahrs – Spiritual Sickness – Review

YEAHRS tanzen mit ihrem Album “Spiritual Sickness” gekonnt in zwei Welten. Genau wie der Bandname zwischen Euphorie (Yeah) und Vergänglichkeit (Years) schwankt, ist ihre Musik einerseits vernebelt und diffus, aber auch standhaft und trotz ihrer Verhuschtheit dominant. Stilistisch vereint das Quartett aus Berlin einiges. Offensichtlich sind Shoegaze, Post-Punk, Alternative-Rock und ein Hauch Gothic oder Wave. Weniger ins Auge springen Nu Metal und purer Grunge, wie er in “Human Tragedy” oder “It Never Leaves Me” zum Tragen kommt.

Mit beiden Beinen auf dem Boden schweben

Bands wie TITLE FIGHT (“Hysteresis”) oder JAGUWAR kommen einem ebenfalls sofort in den Sinn, wenn YEAHRS besonders entrückt agieren. Sänger Morgan Oliveira scheint in einer anderen Sphäre zu schweben, während er selbst in Zusammenarbeit mit Gitarristin Oyémi Héssou die Töne in alle Richtungen ausschwirren lässt. Bassist Thomas Neuwirt und Drummer Tom Claudon sorgen für ein sicheres, begrenztes Vakuum, in dem die Kompositionen dann wabern können.

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YEAHRS Foto: danamelaver über Cargo Records

Achtung, Zwischentöne

Die Stärke von “Spiritual Sickness” ist also mit Sicherheit die vermeintliche Beiläufigkeit, die YEAHRS konstruieren. Dabei muss man genau auf die Zwischentöne achten oder Augenmerk auf den Bass-Teppich legen, um die Kraft der Musik zu spüren. Zwar wirken die Soundwände fragil, jedoch kapseln YEAHRS sich und uns in Songs wie “Raindrops” oder “Smokescreen” gekonnt ein. Gefangen von der dichten Atmosphäre ist man kurz gezwungen, innezuhalten und sich (unfreiwillig) kalibrieren zu lassen.

Hände, die loslassen

Der Gesang ist tatsächlich als zusätzliches Instrument zu verstehen, man empfängt in erster Linie Schwingungen. Das Artwork scheint eine Variante von sich haltenden Händen zu zeigen, bei genauerem Hinsehen wirkt es aber eher wie Hände, die sich gerade loslassen. Und so schwankt auch “Spiritual Sickness” immer, wähnt uns in Unsicherheit. YEAHRS drehen manchen Songs gekonnt in Richtung der Sonne, geben hoffnungsvolle Tendenzen (“Rebund”) oder lassen sie gnadenlos im Dunklen verharren.

In zwei Welten unterwegs

Grundsätzlich scheint für jedes Lied auch eine hellere oder düstere Variante als Gegenstück möglich zu sein. Manche Songs, wie das träge schreitende “Blue Rose”, setzen sich gleich zwischen beide Stühle, bieten sich zum Hoffen und Heulen gleichermaßen an. “Far From Earth” brät offensiven, verfuzzten Grunge, den Bands wie hier PABST, MANNEQUIN PUSSY oder SUPERBLOOM jüngst wieder salonfähig machen. Die Strophen von “Hail Fire And Blood” erinnern dann seltsamerweise an eine komplett umgekrempelte Frankenstein-Version von KIM WILDEs “Kids in America”, gekreuzt mit Gitarren in Erinnerung an THE CUREs “The Baby Screams”. Die popkulturellen Referenzen holen sich YEAHRS also aus allen möglichen Epochen.

Wer seine Platten gerne der Jahreszeit angepasst hört, für den wird “Spiritual Sickness” von YEAHRS auf den ersten Blick etwas zu spät veröffentlicht. Aber zum Aufbruch des Frühlings und der darauffolgenden lähmenden Hitze, passt diese Musik mit ihren Ausbrüchen in alle möglichen Atmosphären mindestens genauso gut, wie zum starren Winter. Shoegaze hat den Anspruch, fernab von plakativen Hooks und nachhallenden Riffs auf einer anderen Ebene zu punkten. YEAHRS ist das mit ihrer Platte vom Fleck weg gelungen.

Dauer: 40:04
Label: Cargo Records
VÖ: 01.03.2024

Tracklist “Spiritual Sickness” von YEAHRS
Smokescreen
Human Tragedy
Hysteresis
Raindrops
Rebund
Blue Rose
It never leaves me
Far from earth
Mirrors
Hail Fire and Blood
Cloud Walker (Hidden Track)

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