100 Kilo Herz – Stadt Land Flucht – Review
Die Leipziger Punkband 100 KILO HERZ meldet sich zurück, mit ihrem zweiten Album “Stadt Land Flucht” , den richtigen Texten und natürlich wieder ordentlich Gebläse. Schon mit ihrem ersten Album “Weit weg zu Hause” rannte die Truppe bei mir offene Türen ein, dabei höre ich diese Art von Punk gar nicht so gerne. Auch diesmal schlagen sie den richtigen, gut abgestimmten Mittelweg ein. Was ihre Haltung angeht, sind 100 KILO HERZ alles andere als mittel oder unentschlossen. Unmissverständlich machen sie klar, was ihnen gegen Strich geht.
Eine Band wie 100 KILO HERZ kommt nicht umhin, sich auch auf “Stadt Land Flucht” gegen braunes Gesindel geradezumachen (Drei Jahre ausgebrannt”, “Scheren fressen” ). Aber monothematisch bleibt die Band nicht und spricht deutlich mehr Themen an. Ausgrenzungen, Utopien von einer besseren Welt, Beziehungen, Gedanken über den Tod und den Sinn des Lebens, Alkoholmissbrauch… an Gesprächsstoff mangelt es nicht. 100 KILO HERZ formulieren ihre Texte nicht vage oder vielseitig auslegbar, sie erzählen immer kleine Geschichten, die jeder rafft und zu denen jeder eine Verbindung herstellen kann.
Musikalisch und inhaltlich breiter aufgestellt
Musikalisch hat sich die Band massiv weiterentwickelt. Kleine GREEN DAY-Huldigungen von Seiten der Saiten (“Drei vor fünf vor zwölf”) und mehrere Ska-Einschübe machen eine große Steigerung im Vergleich zum ersten Album deutlich hörbar. Die Blasinstrumente werden auch nicht ausschließlich zum Anstacheln eingesetzt und auch von Seiten des Drummers gibt es wesentlich mehr Varianz. Am kratzigen Gesang kann man sich stören, ebenso daran, dass die Band eben keine wirklichen musikalischen Innovationen parat hat oder auf plakative Zeilen verzichtet. In meinen Ohren macht die Band das doppelt und dreifach wieder wett, mit dem was zwischen den Noten steht. “Stadt Land Flucht” funktioniert daheim, im Auto und ganz sicher auch im Club oder (hoffentlich) bald auf einem der nächsten Festivals mit anderen Leuten und Feierstimmung (“Der Späti an der Klinik”, “…und aus den Boxen …But Alive”). Alle Songs zünden angenehm schnell, was nicht bedeuten soll, dass die Musik nicht ordentlich nachbrennen würde.
Zweite Etappe, Ende nicht in Sicht
Mit “Nur für eine Nacht” und “Sowas wie ein Testament” haben 100 KILO HERZ es geschafft, gleich zwei tiefgründige Songs über Vergänglichkeit zu schreiben, die beide ein ganz bestimmtes Gefühl einfangen, das jeder kennt oder noch erfahren wird. Die Gewissheit Zeit und Momente nicht festhalten zu können, ist gleichermaßen motivierend wie bitter. Eines manifestiert die Band auf “Stadt Land Flucht”: Der Weg von 100 KILO HERZ ist noch lange nicht zu Ende. Im Gegenteil, er fängt gerade erst an.
Dauer: 38:39
Label: Bakraufarfita Records
VÖ: 07.08.2020
Tracklist “Stadt Land Flucht” von 100 KILO HERZ
Drei Jahre ausgebrannt
Tresenfrist
Drei vor fünf vor zwölf
Träume (Reprise)
An Ampeln
Das ist ein Ende
Nur für eine Nacht
Der Späti an der Klinik
…und aus den Boxen …But Alive
Sowas wie ein Testament
Scheren fressen
& Planlos
Wenn es brennt
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