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John Banville – Singularitäten – Review

„Singulariäten“, das neue Buch des Iren John Banville macht unter Umständen mehr Spaß, wenn man bereits einige Romane des Autors gelesen hat und mit den darin agierenden Figuren vertraut ist. Dann liest man die Geschichte über Leben, Tod und Quantentherorie sicherlich nochmals anders, intensiver und weiß sich in der Tatsache bestätigt, dass alles irgendwie zusammenhängt und sich gegenseitig bedingt. Wir begleiten Felix Mordaunt nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis, wie er sich unter falschem Namen in das Haus seiner Kindheit einschmuggelt. Dort lebt mittlerweile die etwas schrullige Familie Godley, die Nachkommen des Wissenschaftlers Adam Godley, der als Urheber der Existenztherorie gilt. Dieser vermeintliche Fakt wird ziemlich schnell in Frage gestellt, wer ist hier der Betrüger?

Mal schnell und spritzig, dann wieder unfassbar langatmig und verschachtelt

In „Singularitäten“ präsentiert John Banville seine beiden, sehr weit auseinanderklaffenden, Arten zu schreiben. Es gelingt ihm unterhaltsam und vor allem mit nicht erwartbaren Vergleichen schnell und witzig zu schreiben. Dann sprudelt es zwischen den Zeilen und verleitet zum Schmunzeln, man fliegt nur so über die Seiten. Dann wiederum verlangsamt er beinahe die Zeit, verfällt in eine prosaische Erzählweise, die sich unfassbar zieht und anstrengend liest. Was ihm aber in beiden Momenten gelingt, sind die bemerkenswert guten Beschreibungen von Orten und inneren Zuständen. Für alles benötigt man überdurchschnittliche Intelligenz, für die physikalischen Beschreibungen, die detaillierte Erfassung von Emotionen und natürlich für den Witz.

Mehr als ein gut inszeniertes Verwirrspiel

Man sollte bereit sein, sich von „Singularitäten“ von John Banville treiben zu lassen. Er hält lange unklar, was genau der Kern der Geschichte ist und konfrontiert die Leserinnen und Leser mit langen Einführungen von neuen Personen. Die Verbindungen zu den bereits eingeführten Menschen erschließen sich nicht auf Anhieb. Häufig legt Banville auch einen Anker aus, lässt Kapitel mit Sätzen enden wie „Ich möchte, dass du mich umbringst“ und sich dann wiederum sehr viel Zeit, um auf diese Szene zurückzukommen. Mühelos tauscht er Gut gegen Böse und Sein gegen Schein aus und verwirrt unser mühsam ausgeprägtes Urteilsvermögen geschickt.

Wir wissen nur, dass wir nichts wissen. Diese Gelassenheit, keinen stringenten Faden zu folgen, sollte man mitbringen: Dann ist „Singularitäten“ von John Banville auch weitaus mehr, als ein gut inszeniertes Verwirrspiel. Und letztendlich ist der Weg das eigentliche Erlebnis und nicht das Ankommen.

Seiten: 432
Verlag: KiWi
ISBN-10: 978-3462003529
ISBN-13: 978-3462053913
VÖ: 02.11.2023

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Autorenseite von John Banville beim KiWi Verlag

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