Angora Club – … und außerdem bist du allein – Review
Mit „… und außerdem bist du allein“ legt die Flensburger Punkband ANGORA CLUB fast genau zwei Jahre nach ihrem ersten Album „Hasenangst“ über Kidnap Records nach. Vom TURBOSTAAT aus startend und an KITT WOLKENFLITZER vorbeifliegend, ist es der Band gelungen, noch mehr eigene Besonderheiten miteinzubringen und auf jeden Fall den richtigen Weg einzuschlagen.
Ihre größte, eigene Stärke ist in meinen Ohren der Zusammenhalt, denn alles wirkt sehr gemeinschaftlich, niemand drängelt sich vor und man bekommt wirklich den Eindruck („Calimero“), dass ANGORA CLUB sich enorm einig sind, was genau sie vermitteln möchten.
Die Frage nach dem Warum
Der Sänger Olli kann auf dem zweiten Album „… und außerdem bist du allein“ deutlich mehr überzeugen, wirkt bissiger und bringt seine Parts akzentuierter („Graben) auf den Punkt. Ohne sonderlich verklausuliert zu sein, findet die Band schöne Umschreibungen für ihre Beobachtungen und den Blick auf das Leben. Man lässt sich gerne hereinziehen, in den wirren Strudel aus Zweifeln, Unverständnis, Angst und der ständigen Frage nach dem Warum. Keine „leeren Phrasen, mit Füllwörtern gespickt“.
ANGORA CLUB überzeugen auch mit einem kompromisslosen und ganz dezent scherbeligen Sound, der sich bestens für kleine schwitzige Clubs eignet, aber trotzdem kompositorische Spitzen und Feinheiten aufweist („Fliehender Holländer“). Und es wäre leicht gewesen, einige Songs auf „… und außerdem bist du allein“ auf Hit zu produzieren („Walt D.“) und schamlos das Pop-Level zu erhöhen. Machen ANGORA CLUB aber nicht, gut so.
Schein und Sein
Mit „Blaue Wege“ deuten ANGORA CLUB auf diejenigen, die im Internet und auf den Straßen für Hetze und Wut sorgen und mittlerweile schon selbst von beängstigender Paranoia ergriffen sind, weil an dem ganzen verschwörerisch aufrührenden Gebrülle doch irgendwas dran sein muss, oder?! Beim letzten Album von ANGORA CLUB hatte ich übrigens versehentlich einen falschen Sänger genannt, was auf Facebook gleich mit „schon ziemlich peinlich“ und „schlecht recherchiert… hat wohl jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht“ kommentiert wurde. Hach ja… genau solche überlegten, öffentlichen Reaktionen wünscht man sich als freie Journalistin von Hörerinnen und Hörern, die Musik wie die von ANGORA CLUB hören, in der es unter anderem um ein faires Miteinander geht.
Wie tief willst du noch graben?
„Scheinworle / Bockholm“ streift diesen Sachverhalt auch leicht, denn hier stellen sich ANGORA CLUB unter anderem die berechtigte Fragen, ob und inwiefern das eigene Tun denn wichtig ist für das Gesamtgeschehen. In der Ukraine sieht man gerade, dass es erstmal wenig bringt, wenn alle fair sind und dann eine Partei zum Schlag ausholt. Das ist einer dieser Songs, die man sich mehrfach anhören muss, um zu erkennen, wie tiefgreifend und erschreckend ehrlich ANGORA CLUB sich äußern.
Und um nochmals auf den eingangs erwähnten Zusammenhalt anzusprechen; auch musikalisch wird das ständige Hadern und das Gefühl von außen bedroht und drangsaliert zu werden, perfekt transferiert. Mit „… und außerdem bist du allein“ haben ANGORA CLUB einen großen Schritt nach vorne gemacht und Bock auf das, was noch kommt.
Dauer: 35:30
Label: Kidnap Records
VÖ: 20.05.2022
Tracklist „… und außerdem bist du allein“ von ANGORA CLUB
Steppenläufer
Si, si, fliegen
Kreis
Blaue Wege
Baby Hübner
Fliehender Holländer
Samt
Bad Bramstedt
Scheinworte / Bockholm
Walt D.
Graben
Calimero
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