BSÍ – Sometimes Depressed… But Always Antifacist – Review
Das isländische Duo BSÍ legt mit „Sometimes Depressed… But Always Antifacist“ sein erstes Album vor. Inspiriert zu diesem Albumtitel wurden sie durch einen Besucher beim „Angst Macht Keinen Lärm-Festival“ 2019 in Wiesbaden, wo Sigurlaug Thorarensen und Julius Rothlaender damals selbst auch gespielt haben. Ihr Debüt teilt sich eigentlich in zwei Atmosphären auf, was den im Titel angesprochenen Strömungen zuzuschreiben ist.
Zum einen gibt es sehr reduzierte Hymnen, bei denen der Gesang im Zentrum steht. Ohne jetzt in typische Island-Klischees zu verfallen und irgendwas von Elfen und Wasserfällen zu plappern… der Gesang ist sehr besonders und hallt extrem lange nach, ohne irgendwie aufdringlich zu sein. Auf der anderen Seite beziehen BSÍ eindeutig Stellung, nehmen gesellschaftliche Missstände deutlich wahr und scheuen sich auch nicht, dagegen aufzubegehren.
Protest muss nicht laut sein…
Entgegen der etablierten Vorgehensweise, erstmal mit Alarm und Attacke die Platte zu eröffnen, steigen BSÍ ganz behutsam und sanft ein. Es gelingt ihnen auf mysteriöse Weise die Zeit zu verlängern, manchmal scheinen sie sie sogar kurz anzuhalten („25Lue“). Langsam aber sicher kalibrieren sie uns mit „Sometimes Depressed… But Always Antifacist“ auf ihre ganz besondere Note ein. Richtig laut wird es nicht. Aber spätestens, wenn wir beim aktiv introvertierten Sommerhit „Vesturbæjar Beach“ und beim herrlich vom Bass nach vorne gerollten „Feela það“ angekommen sind, wird es eindeutig tanzbar.
Ihre repetitive Grundidee verleugnen BSÍ auch dann nicht. Und da die Hörer*innen ganz herangeführt wurden, kommen die Songs im zweiten der Teil der Platte einem schon fast prall, fetzig und aufwendig arrangiert vor. Die Texte von BSÍ sind isländisch und englisch, was aber für die Hörerinnen zweitrangig ist. Denn alles auf „Sometimes Depressed… But Always Antifacist“ ist erfühl- und intuitiv erfassbar.
…wichtiger ist, dass er ernst gemeint ist
Und BSÍ sind mitnichten auf Sprache angewiesen, denn nicht nur im Highlight „My Knee Against Kyriarchy“ erzählen die instrumentalen Momente eine zusätzliche, ganz eigene Geschichte. Die Orgel bringt obendrein noch einen Hauch Festtagsstimmung in diese Komposition. Dabei geht es in dem Lied eigentlich um die besondere Gesten, die zum Großen führen können. Um Blicke, die sich treffen. Optimistische Pläne, die man nicht nur schmiedet, sondern einfach umsetzt und somit zumindest einen Anstoß für neue Weichenstellung geben kann.
Der Kontrast zählt
Beim hier besungenen Kyriarchat wird die Tatsache verhandelt, dass Menschen gleichzeitig bevorzugt und unterdrückt werden können. Je nachdem in welcher Situation sie sich befinden und aus welchem Blickwinkel sie wahrgenommen werden. Denn selbstverständlich ist der starke Titel „Sometimes Depressed… But Always Antifacist“ kein Label, sondern tatsächlich der in Szenen und Geschichten verpackte Inhalt des Albums.
Genau deshalb gibt es auch die Spaltung der beiden, in starkem Kontrast stehenden, Stimmungen und manchmal eben auch kurzfristig die Zusammenführung von beidem. Aufgenommen wurde das Album von Thomas Götz (u.a. BEATSTEAKS) und Marten Ebsen (u.a. TURBOSTAAT), was die beiden unter dem Banner NINAMARIE machen, ist ähnlich feinfühlig.
Dauer: 36:26
Label: Tomatenplatten (Berlin), Why Not? Plötur (Reykjavík) und post-dreifing (Reykjavík)
VÖ: 21.05.2021
Tracklist „Sometimes Depressed… But Always Antifacist“ von BSÍ
My Lovely
TAL 11
Old Moon
Uncouple
25Lue
Vesturbæjar Beach
Feela það
My Knee Against Kyriarchy
Dónakallalagið
Alltaf alltaf stundum alltaf
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