Lest die Review zu "Krach" von LEFTOVERS bei krachfink.de

Leftovers – Krach – Review

Krach machen oder Krach anfangen? Die österreichische Punkband LEFTOVERS bietet mit ihrem ersten Album „Krach“ beide Deutungsmöglichkeiten an. Einerseits machen sie herrlich fauchende Musik, bei der sich Punk wild mit Metal und Indie pogt, aber sie legen sich auch mit vielen an, skandieren lautstark die Spuren, die das Leben, bei ihnen hinterlassen hat. Auch wenn alle Vier aus Wien kommen, steht weder der Akzent noch der Herzschlag der Kulturhauptstadt im Vordergrund. Der „Krach“ ist universal.

Kopfnuss und dann Baba

LEFTOVERS befassen sich auf „Krach“ mit allem, was doch noch irgendwie popkulturell überdauert hat. Sie beziehen vieles in ihre Musik mit ein und klingen doch so authentisch und originell wie schon lange keine Band mehr. Selbst am Wiener Standard gemessen. Es ist schwierig, den Kern der Faszination zu beschreiben, ohne den Eindruck zu erwecken, LEFTOVERS seien eine Kopie von. Mitnichten. Die Klammer um alles lautet eindeutig Rockmusik. Innerhalb dieser, gelingt es Sänger Leonid mühelos, mit seiner eigenen Facette Eindruck zu schinden.

Diese Facette wiederum vereint vieles. Im einen Moment hat er der Charme eines abgeranzten, aber mit (belastendem) Talent gesegneten Pete Doherty („Schizo“), gepaart mit der selbstbewussten, präzisen und irritierenden Vortragsweise von FALCO („Käfer“) und im nächsten Moment lässt er uns, ähnlich wie Kurt Cobain, daran teilhaben, wie aus Verzweiflung große Wut eskalieren kann.

Schlechte Stimmung, gut verbreitet

Abgesehen vom ausgewogenen Laut-leise-Spiel, haben LEFTOVERS ein gutes Gespür dafür, wann man eine Komposition beenden sollte. Niemals unnötig ausschweifend, reiten sie auf keinem Refrain herum und biedern sich nicht an. Wer den Kern des Songs nicht verstanden hat, kann ihn ja nochmals anhören. LEFTOVERS werfen mühelos Gläser an die Wand und scheißen in Beete. Der Song „Blumen“ startet als bunter, wohlriechender Strauß, verdunkelt sich ziemlich rasch und endet als vergammelter Batzen Unkraut, den niemand haben will.

Schlechte Stimmung machen, können LEFTOVERS wirklich gut. Wer auch schon von Isolation und Erfahrungen abgenutzt ist, kann mit diesem Fatalismus viel anfangen und grinst über „Blumen für den Scheißbalkon“. Dass „Hiroschima“ als eine vage musikalische Fortsetzung von „Blumen“ startet, darf ebenfalls als smarter Schachzug verbucht werden. Der Shit wird real.

Greorg ist kein Feind

Gleiches gilt für die Musik auf „Krach“ von LEFTOVERS. „Keine Zeit“ ist ein in schrappige KRAFTKLUB-Ästhetik gepackter Text, der jeder Band der Hamburger Schule gut gestanden hätte. Der Druck, den das Quartett musikalisch aufbaut, ist vermeintlich simpel, hat aber kein Gramm fett zu viel und die Hits wurden durch die ruppige Produktion von Alexander Gschwendtner angenehm kantig belassen. Das Quartett kommt teilweise aus hoch ausgebildeten, musikalischen Haushalten und glänzt mit beiden Extremen.

Gitarrist Alex ist bekennender Classic-Rockfan, lernte Jazz-Gitarre und transferiert beides zu einem bestmöglichen Neunzigerjahresound. Auf den wiederum Anna, die eigentlich Klavier und Flöte spielt und außerdem an die Oper wollte, ihren wummernden Bass auf, der den Druck nicht nur erhöht, sondern ans Maximum treibt. „Krach“ von LEFTOVERS wirkt also wie der rettende Zug aus einer aus Resten gedrehten, fast neuen Kippe. Cool, dass es geklappt hat, gute Idee und ideal für den ersten Kick. Aber reicht es auch für einen zweiten? LEFTOVERS scheinen aber nicht festgelegt und wäre nicht verwunderlich, wenn sie beim nächsten Album etwas ganz anderes anbieten.

Dauer: 35:53
Label: Penguin Records
VÖ: 28.10.2022

Tracklist „Krach“ von LEFTOVERS
Wiener Schule
Tokyo
Blumen
Hiroschima
Angst
Schizo
Es Hört Nicht Auf
Gesichter
Keine Zeit
Käfer
Plastic Love
Kinderzimmer

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