Alluvial – Sarkoma – Review
Mit „Sarkoma“ ist ALLUVIAL eine facettenreiches Metalalbum mit progressivem Anstrich gelungen, das man so eigentlich gar nicht erwartet hat. Der Opener ballert noch offensiver, wenn auch von Anfang an komplex und polyrhythmisch as fuck. Aber im weiteren Verlauf von „Sarkoma“ wird das Quartett noch deutlich feinfühliger, ja schon fast leise, was dem Album Abwechslungsreichtum zusichert und die Musik tiefer einsinken lässt. Kevin Muller und Wes Hauch verdichten die Atmosphäre mit ihrem Gesang, der jede noch so winzige Lücke auszufüllen scheint. ALLUVIAL dringen tief in die Seelen ein, das funktioniert nur, weil das Tor zu ihren eigenen weit offen steht.
Songs, die sich tief einfressen
Gerade diese Erfahrungen, die Sänger und Gitarrist Hauch in den letzten Jahren mit Drogen und Depressionen manchen musste, bilden sich auf „Sarkoma“ stark ab. ALLUVIAL scheinen uns direkt auf das Schlachtfeld der inneren Kämpfe mitzunehmen. Die Gitarren bekämpfen sich hart und immer wieder fallen wir in eine Art Gedankenspirale oder das Gefühl des bekannten Nichts oder undefinierbaren Dunkel. Ebenso wie die titelgebenden Sarkome, fressen sich die Kompositionen unaufhörlich tiefer ein.
Und trotz der präsenten und häufig stark (!) beeindruckenden Gitarrenarbeit, lässt sich Drummer Matt Paulazzo nicht in den Hintergrund drängen. Er fügt sich aber auch nicht an, sondern verstärkt durch seine Arbeit jegliche Stimmung. Und selbst, wenn er nur die ständige Nervosität oder (Auto-)Aggressionen durch akzentuierten Doublebass vertont.
Jazz und Metal im Duell
Mit „40 Stories“ drehen ALLUVIAL die Stimmung komplett, Jazz und Metal duellieren sich hier. Im Ergebnis ausgewogen, entsteht so das ungewöhnlichste und kreativste Stück von „Sarkoma“. Robb Flynn hätte den Refrain kaum besser singen können, inhaltlich orientiert sich der Song an dem sogenannten SMS-Selbstmord des Amerikaners Conrad Roy. Dessen Freundin wurde damals beschuldigt, ihn mit mehreren SMS psychisch zum Suizid gedrängt zu haben.
Die Menschheit ist das Problem
Worauf ALLUVIAL damit hinauswollen ist klar. „Sarkom“ dreht sich häufig darum, dass die Menschheit selbst das widerlichste Geschöpf ist. Das wird auch deutlich in den traumatischen Kriegserlebnissen – andere Erlebnisse kann man während eines Krieges auch kaum sammeln – die Hauch mit einfließen lässt. „Zero“ eröffnet mit einer Collage von unterschiedlichen angstvollen Schockatmungen, ähnlich wie wenn Menschen aus einem Alptraum erwachen. Die Zahl 0 steht sinnbildlich für das Nichts, in das man fallen kann oder die bittere Erkenntnis, dass da Nichts ist.
Mein persönliches Highlight „Sleepers Become Giants“ ergießt die komplette Bitterkeit und Melancholie in elegischen Gitarrensoli und einem gleichermaßen heilsamen wie beängstigenden Chor-Finale. „Sarkoma“ von ALLUVIAL ist eine Art Insel, für alle, die sich einerseits mit ihren Ängsten befassen, diese aber auch mit aller Gewalt loswerden müssen. Schreien hilft manchmal.
Dauer: 38:24
Label: Nuclear Blast
VÖ: 28.05.2021
Tracklist „Sarkoma“ von ALLUVIAL
Ulysses
Thy Underling
Sarcoma
40 Stories
Zero
Exponent
Sleepers Become Giants
The Putrid Sunrise
Sugar Paper
Anodyne
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