Slime Wem gehoert die Angst Review

Slime – Wem gehört die Angst – Review

Wäre jetzt billig und einfach gewesen auf SLIME und deren Album „Wem gehört die Angst“ virtuell einzuprügeln. Boah, die sind ja alt geworden und ist das überhaupt noch Punk? Aber die Punkband aus Hamburg hat eine schöne Überraschung für uns, denn das mittlerweile achte Studioalbum ist echt gut geworden. Man kann sogar so weit gehen zu behaupten, dass es eines der besten Alben ist, das SLIME in ihrer mittlerweile vierzigjährigen Karriere aufgenommen haben. Das liegt in erster Linie daran, dass SLIME sich nicht anbiedern und einfach über die Themen singen, die sie beschäftigen. Und wenn das dann mal ein halb-nostalgischer Blick auf das vergangene (Band-)Leben ist, dann ist das eben so.

SLIME, 2020 Foto von Ron Gerlach

Die Illusion der Freiheit hat ihren Preis

Und wer eben aufgrund des Schicksals der späten Geburt nicht weiß, wer RIO REISER ist, der gleicht einfach mit den ihm zur Verfügung stehenden digitalen Möglichkeiten aus und recherchiert. Abgesehen von dem Blick in den Rückspiegel, sind leider sehr viele Themen, die SLIME von jeher beschäftigen, momentan so aktuell wie schon lange nicht mehr. Musikalisch bewegen sich SLIME aber auf sicheren Terrain. Es wird nach vorne gerockt, aber große Überschläge macht die Band nicht.

Eine Prise Ska bei „Die Suchenden“ ist auch schon die Spitze des kreativen Eisbergs, das reicht aber auch. Charmant sind die Momente, in denen die Band den räudigen Kellermodus anwirft und dadurch gleich angriffslustiger wirkt („Kein Mensch“). Das lässig drehende „Wenn wir wollen“ könnte leider nicht aktueller sein. Denn was wir als Gesellschaft leisten können, wenn wir wollen, wird gerade am Verhalten im Hinblick auf das Coronavirus klar. Flüge meiden, einschränken, Homeoffice nutzen… wenn es an den eigenen Arsch geht, kein Problem. Der lässt sich schlechter ignorieren, als die unsichtbare Klimakrise oder Leid von anderen in diesem fernen Ausland.

Solide bis sehr gut

Besonders sympathisch ist, dass SLIME sich in vielen Nebensätzen von Kritik nicht ausschließen. Grundsätzlich gibt es gegen die Texte nichts auszusetzen. Sie sind jetzt nicht so tiefschürfend, dass man sich irgendwas davon mit dem spitzen Stift selbst in die Haut ritzen will, aber allesamt sauber formuliert. „Die Toten wollen wieder alleine sein“ spielt auf den neurolinguistischen Umgang mancher Parteien an. Kleiner Ausreißer nach unten ist „Die Masse“, dessen Kern auch nicht besser wird, wenn man ihn immer und immer wieder wiederholt, nur um ihn dann nochmals zu wiederholen.

Mit „Solidarity“ schließt das Album „Wem gehört die Angst“ mit einem englischsprachigen und überraschend gut auf den Punkt gebrachten Folk-Punksong ab. Wäre mal eine Überlegung wert, ein komplettes Album in diesem Stil einzuspielen. Ursprünglich mit der festen Absicht gestartet, dass „Wem gehört die Angst“ wohl eher schlecht sein wird, haben mich SLIME vom Gegenteil überzeugt.

Wäre das eine junge Band, würde die Fachpresse die schnurgerade Haltung, die packenden Hooks und den roten Faden (im doppelten Sinne) mit Lob überschütten. Alt ist also nicht gleich abgehängt, müde oder belehrend. Da kann Jens Rachut noch so laut „Revival stinkt“ skandieren, aktuell sind wir froh über jede laute Stimme.

Dauer: 40:52
Label: Arising Empire
VÖ: 13.03.2020

Tracklist „Wem gehört die Angst?“ von SLIME
Wem gehört die Angst
Paradies
Hölle
Die Suchenden
Wenn wir wollen
Ebbe und Flut
Die Toten wollen wieder alleine Sein
Weißer Abschaum
Die Masse
Fette Jahre
Kein Mensch
Odyssee
Solidarity

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