Monchi – Niemals satt: Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage – Review
In seinem ersten Buch „Niemals satt: Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage“ erzählt uns der sympathische Sänger und Aktivist Monchi von der Punkband FEINE SAHNE FISCHFILET von seiner Gewichtsabnahme, den vermeintlichen Auslösern dafür und der Zeit davor. Vieles erscheint ihm erst rückblickend absurd und komplett verrückt. Aber bis dahin galten zerbrochene Klodeckel, die Einschränkungen bei Sitzgelegenheiten und Kleiderwahl und eine schlechte Kondition für ihn als normal. Es ist halt so und falls sich doch mal Zweifel regten, wurde einfach mit einem lustigen Spruch gekontert.
In ihm drin sah es oft ganz anders aus, aber wer mit Vollgas durch sein Leben rast, der kann auch das ganz gut verdrängen. Man wehrt sich immer vehement dagegen, der Pandemie irgendetwas Gutes zuzuschreiben. Aber ich denke schon, dass sie einigen Menschen die Zwangspause verordnet hat, die sie benötigten, um sich auf etwas komplett Neues zu konzentrieren. Gerade Künstlerinnen und Künstler erleben ihren Alltag ab einem gewissen Bekanntheitsstatus wie einen irren Film. Monchi ging es wohl ähnlich.
Mit Vollgas durch sein Leben
Wie man es von Monchi erwartet, äußert er sich in dem Buch „Niemals satt: Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage“ unerbittlich ehrlich. Er lässt sprichwörtlich die Hosen herunter und die vielen Fotos von ihm, nackig und grinsend in malerischen Seen, haben nun eine andere Bedeutung. Selbst für leicht Übergewichtige normale Dinge, wie im Bett umdrehen, Rad fahren, sich eine lange Hose kaufen, in einem Stuhl mit Armlehnen sitzen, Trendsportarten ausüben oder eine überschaubare Strecke rennen – all das waren für ihn unüberwindbare Hürden, die ihn massiv in seinem Alltag eingeschränkt haben. „Niemals satt: Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage“, erzählt nicht nur davon, wie er es geschafft hat, sein Gewicht zu reduzieren, sondern auch von seiner Suche nach den Ursachen.
Alles auf Rausch
Wir erfahren viel über ihn, seine Kindheit, seine Familienverhältnisse, seinen Umgang mit Stress, Angst und Frust. Und entgegen einer gewissen Schwäche, die man dicken Menschen häufig unterstellt, war auch die von ihm gelebte Maxime „ganz oder gar nicht“ für ihn ausschlaggebend. Bisschen trinken gab es für ihn genauso wenig, wie bisschen was snacken. Einige Livekonzerte von FEINE SAHNE FISCHFILET habe ich bereits bei Festivals gesehen und mich tatsächlich immer gefragt, wie er die Auftritte absolvieren konnte.
Ein Song wie „Alles auf Rausch“ war Programm: Monchi packt jede Situation direkt beim Schopf und zieht durch, auch gegen sich selbst. Das Festival Wasted in Jarmen, Touren ohne Ende, Rock am Ring Hauptbühne, Wir sind mehr in Chemnitz, Aufenthalt in Moria, Unterstützung der Seenotrettung, den Film Wildes Herz, die Aktion Brauhaus statt Bauhaus… und das sind nur die Spitzen dessen, was man so am Rande mitbekommen hat, ohne groß Fan seiner Band zu sein.
Hinterher weiß man immer alles besser
Bei Monchi selbst und in seinem Umfeld entstand über die Jahre eine gewisse Akzeptanz darüber, dass er eben der Dicke im Team ist. Ein paar Kilo mehr oder weniger fielen nicht groß ins Gewicht und die stete Zunahme über mehrere Jahre schummelte sich beinahe unbemerkt unter. Erst beim direkten Vergleich von Fotos sprang es ins Auge und Monchi selbst merkte es daran, dass ihm selbst mehrfache X-Größen nicht mehr passten. In „Niemals satt: Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage“ erzählt Monchi auch davon, wie absurd man sein Suchtverhalten im Nachhinein betrachtet.
Dass Alkohol sehr viele Kalorien hat und der Körper bei Bewegung X nur Kalorienanzahl Y bewältigen kann, all das ignorierte er. Ebenso wie die Tatsache, dass sein Umfeld sich eben doch anders ernährte und bewegte, als er. Letztendlich war es wohl seine Renitenz, die ihm bei der Gewichtsreduktion geholfen hat. Wenn alle denken, er schafft es nicht, dann erst recht. Er verschweigt allerdings nicht, dass er weiterhin mit dem fiesen Jo-Jo-Prinzip kämpft und Cheat-Days gerne auch mal zu Cheat-Wochen werden.
Mit Sicherheit inspirierend für einige
„Niemals satt: Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage“ ist kein Ratgeber, es gibt keine Checkliste, wie man abnehmen kann oder generelle Erklärung dafür, warum man zunimmt. Aber Monchi regt mit seiner schonungslos offenen Art sicher einige dazu an, zu sich selbst auch ehrlich zu sein und Fehlverhalten einzugestehen. Besonders traurig fand ich seine Erkenntnis, dass er wohl sogar einige dazu ermutigt hat, maßlos dick zu sein, da er es ja auf der Bühne als akzeptabel verkörpert hat. Dass er sich im Tourbus tonnenweise Wund- und Heilsalbe auf seine geschundenen Innenschenkel schmieren musste oder Angst hatte, sich im Bett seiner Freundin umzudrehen, weil das Bett zusammenbrechen könnte… sowas hat er bisher nicht erzählt.
„Niemals satt: Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage“ ist kein Buch von einem, der heult, weil er mal dick war und immer noch übergewichtig ist. Er weiß, dass es hauptsächlich an ihm liegt und er diesen Kampf, jetzt nachdem er ihn angenommen hat, wahrscheinlich ein Leben lang ausfechten muss.
Seiten: 320
Verlag: KiWi
ISBN-10: 3462002597
ISBN-13: 978-3462002591
VÖ: 07.04.2022
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