Lest die Review zu "Das Universum ist nicht binär" von SCHROTTGRENZE bei krachfink.de

Schrottgrenze – Das Universum ist nicht binär – Review

Mit dem neuen Album „Das Universum ist nicht binär“ rundet die Indie-Pop-Rockband SCHROTTGRENZE ihre queere Trilogie ab. Was nicht bedeuten soll, dass alles gesagt wäre. Mit Sicherheit nicht. Aber während die Vorgängeralben sich mit dem Coming-out und dem ersten Ankommen befasst haben, geht die Band thematisch mit dieser Platte nun noch etwas tiefer. Der häufig verwendet Präfix Queer ist mitnichten eine Genrebezeichnung, deutet eher darauf hin, dass die Band ihre Themen auch aus queerer Perspektive betrachten. Und so ergeben sich im Hinblick auf Bürokratie, Freiheit, Zukunftsängste und Akzeptanz noch zusätzliche Ideen, Wünsche und auch Ängste.

Die angestrebte Vielfalt spiegelt sich auch musikalisch wider. Bedingt durch die Entwicklung der Band – die Saskia und Timo im zarten Alter von 12 im Kinderzimmer gründeten – von Krach zu Punk, weiter zu Rock, zu Indie über Post-Punk und hin zu Pop, lässt SCHROTTGRENZE auf eine Vielzahl von kompositorischen Möglichkeiten zurückgreifen.

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SCHROTTGRENZE by Chantal Pahlsson, 2023

Von Einsen und Nullen, schwarz und weiß, Mann und Frau

Der Opener „Das Universum ist nicht binär“ klärt grob die Fronten. SCHROTTGRENZE sind auf dem Weg und nehmen uns gerne mit. Wir bauen das Raumschiff, während wir es fliegen. Einerseits zwangsläufig, aber auch verbunden mit einer unbeabsichtigten Freiheit, die das Aufbrechen von konservativ festgebackenen Strukturen mit sich bringt. Der Sound ist eingängig, vermittelt Aufbruch und lädt dazu ein, sich dem Kommando anzuschließen. Clever drehen SCHROTTGRENZE den Spieß um, malen dem ständig von außen angebrachten Anders-Stempel einfach Hasenohren. Es ist eben, wie es ist und es bleibt nur übrig, das Beste daraus zu machen.

Die Zeit wird’s richten?

Dass sich einiges für queere und trans Menschen verbessert hat, ist ein guter Anfang. Im Nacken sitzt uns allerdings noch die Babyboomer-Generation, die bittere „Boomer-Tränen“ vergießt, da man sie mitverantwortlich für Klimawandel und gesellschaftliche Stagnation machen kann. Den Wunsch nach Freiheit, geschlechtlicher und sexueller Selbstbestimmung empfinden sie als Angriff auf ihren Thron. Der Post-punkige Song greift diese Fakten auf und stellt eine Ablöse in Aussicht. Die Zeit wird es (hoffentlich) richten und nachfolgende Generationen werden einen anderen Kurs einschlagen.

Wer kennt Dich besser, als Du Dich selbst?

Die beiden Songs „Dysphorie“, „Happyland (feat. FINNA)“ und „Bürokratie“ machen klar, dass SCHROTTGRENZE die gleichen Themen betreffen, wie alle anderen auch. Mit der Textzeile „Und alle kennen mich immer besser, als ich mich. Und alle wissen alles besser als ich.“ spielen sie auf die Bevormundung von trans Menschen an. Eine Situation, in die grundsätzlich niemand gerne kommt, die für Betroffene aber leider immer noch tagtäglicher Alltag ist. Abgesehen von den Inhalten, ist die Musik die wichtigste Zutat für „Das Universum ist nicht binär“. SCHROTTGRENZE setzen den schweren Inhalten poppige Konter entgegen.

Ein Wendepunkt

Kill em with kindness lautet die Devise, was natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt angebracht ist. Dann lässt die Band Post-Punk oder Garage-Rock einmarschieren, ermutigt die Zuhörenden mit dynamischen Kompositionen, die Mut machen und Kraft geben. Bei SCHROTTGRENZE von einer Entwicklung zu sprechen, wäre zu profan. Es gleicht eher einer langersehnten Entfaltung, dem echten Sprengen von Grenzen, immer getrieben von Willen etwas für alle (!) verbessern zu wollen.

Reden hilft, aber Musik und somit Lieder sorgen dafür, dass die Botschaft nicht nur ins Hirn, sondern auch ins Herz wandert. Und da muss sie hin. „Das Universum ist nicht binär“ hat das Potenzial, einen Wendepunkt zu markieren. An dieser Kombination von deutschem Indie im Einklang mit queerfeministischen Themen, dürfen sich andere Bands ab jetzt orientieren.

Tracklist „Das Universum ist nicht binär“ von SCHROTTGRENZE
Das Universum ist nicht binär
Boomer-Tränen
Girlanden
Männerphantasien
Dysphorie
Immer für mich da
Happyland
Emanzipation und Alltag
Bürokratie
Roman und Ines
Lieber Regen

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