Frittenbude – Apokalypse Wow – Review
Auch wenn die Frage etwas spät kommt, denn immerhin ist „Apokalypse Wow“ schon das sechste Album der Wahlberliner von FRITTENBUDE, aber trotzdem: Es ist schon so gewollt, dass einem so manche Textzeile bitter im Hals hängenbleibt, oder? Selbst wenn bei dem Elektropunk-Duo vermeintlich Beats und Fun im Vordergrund stehen und die von Indie-Gitarren getriebenen Songs massiv zum Tanzen auffordern, mich berührt das von jeher auf süß-melancholische, aber gute, Art.
Schon der Opener „Stoli“, mit Neunzigerjahre Dancefloor-Klavier in den Strophen und Bläsern im Finale, macht richtig Bock auf den gemeinsam Ritt. Das Hirn meldet sich sowieso meistens erst am Tag danach, also ab auf die Tanzfläche.
FRITTENBUDE geben einen Stoli aus
„Apokalypse Wow“ von FRITTENBUDE – nicht zu verwechseln mit „Akopalüze Nau!!!“ von HELGE SCHNEIDER – ist das Partykommando für den Untergang. Aber eben nicht peinlich, mit roten Nasen, bunten Hütchen verkleidet und doof die Augen vor den Tatsachen verschließend. Nein, es handelt sich eher um den lauten Aufruf zum letzten, trotzigen und gerade deshalb besonders intensiven Tanz. Wenn schon unweigerlich in Richtung Abgrund, dann bitte mit guter Laune und vorher noch ein bisschen Nachtreten.
Authentisch gute Laune ist, wie eingangs angedeutet, mit einem gut funktionierenden Gehirn im Kopf aber nicht so einfach zu konstruieren. FRITTENBUDE versteifen sich auch nicht nur auf den allgemein Weltabfuck, sondern genauso auf den ganz normalen Verfall, auch bekannt als Altern. Also handelt „Marx & Biggie“ von Ficken ab Vierzig, von welkem Fleisch und der Tatsache, dass man den fuck vor allem auf alle anderen um sich herum geben muss.
Zeit heilt, Narbe heilt
Aber dann gibt es noch Songs wie „Sandradome“, wer hier aufmerksam zuhört, kriegt den geballten Hass von FRITTEBUDE ab. Da hat sich einiges angesammelt während der letzten Jahre, die Wut auf Querdenkende und die Tatsache, dass wir Kriege akzeptieren, sind hier einerseits smart codiert, aber mit etwas Hirn leicht zu dechiffrieren. Huhu, Nena! Auch das düster pumpende „Schlagstock“ hat eine ganz eindeutige Adresse, mal ganz abgesehen von der Absurdität des Wortes. FRITTENBUDE machen keinen Hehl daraus, dass Schlagstock sich gut auf Arschloch reimt, die Sirene am Ende des Liedes wird rüde abgewürgt.
Und im düsteren nach vorne wirbelnden „Orchideen“ formulieren FRITTTENBUDE den Moment, wenn die Angst uns überwältigt und die Tatsache, dass man aufeinander achten soll und sich immer wieder am eigenen Schopf aus dem Sumpf herausziehen muss… es geht ja doch immer weiter und wirklich Ende ist erst, wenn die letzte Band aufgehört hat zu spielen. Es sind wohl genau diese Momente, wenn Johannes Rögner so intensiv singt, dass man ihn tatsächlich dicht an seiner Seite wähnt, die FRITTENBUDE besonders machen.
FRITTENBUDE erwischen mich auch mit „Apokalypse Wow“ wieder an einem wunden Punkt, stoßen mich zurück in eine ganz bestimmte Zeit, in der die Unsicherheiten noch genauso groß waren, wie der Drang besonders intensiv (er)leben zu wollen. Und so mag der formulierte Wunsch nach einem Neuanfang – oder der Hoffnung, dass sich hier irgendwann doch noch irgendwas tut – in „Neue Welt“ vielleicht infantil und blauäugig wirken. Aber wie sang einst Sam von ARCHITECTS? Fuck it, I’m a dreamer and I’m dreaming on! Man kann die Krise einfach auch mit Wackelaugen auf bunten Pommes verschönern, das geht natürlich auch.
Dauer: 37:05
Label: Nachti
VÖ: 10.03.2023
Tracklist „Apokalypse Wow“ von FRITTENBUDE
Stoli
Suchen/Finden
Marx & Biggie
Das Glas
Vorbei
Neue Welt
Sandradome
Schlagstock
Lass uns tanzen gehen
Orchidee
Halte dich ganz kurz fest
Tiefseetauchen
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