Turnstile – Glow On – Review
Selbst wenn man einen Großteil von „Glow On“ schon von der letzten EP von TURNSTILE kennt, übertrifft die Band damit alle Erwartungen. Ein Blick auf die Songlängen verspricht richtig Druck auf Bomben und genauso ist es auch. TURNSTILE führen uns – bis auf den Hit „Unterwater Boi“, wie geil darf eine Gitarre sliden? – immer in weniger als drei Minuten zur Ekstase. Aufgenommen wurde mit Produzent Mike Elizondo und co-produziert von Sänger Brendan Yates.
Warum man diese Band lieben sollte, liegt auf der Hand: TURNSTILE labern nicht lange herum und provozieren mit ihrer Musik einfach, dass sich im Pit bei Hardcoreshows zukünftig etwas tut. Denn der Dude, der sich eben noch mit einem anderen Typ Kopfnuss gegeben hat, muss bei „New Heart Design“ Taktgefühl beweisen oder eben kurz seinen angestammten Platz verlassen. Um mal die Band selbst zu zitieren: „If feeling is what they want – ooooooooooh yeah – then feeling is what they get“.
Es wird getanzt im Pit
Es gibt mehr von allem auf „Glow On“. Wenn die Töne vom einleitenden Intro „Mystery“ unseren Kopf kreuz und quer zu durchlaufen scheinen, bis die Gitarren ein großes Loch einbrennen, sind alle Sinne kalibriert. Ja, „Blackout“ klingt auf den ersten Blick nur nach guter Rhythmusarbeit, aber hört ihr bitte mal auf die Details bei Takt und Gesang? TURNSTILE gelingt es beispiellos Poppigkeit in den Hardcore zu integrieren, da wo sie eigentlich nichts zu suchen hat, und damit jeden Songs innerhalb kürzester Zeit zur Spitze zu führen. TURNSTILE steigen in „Fly Again“ mit einem Klavierintro ein und bescheren uns dann eine Kombi aus breitbeinigem Gewalze, mit einer Prise Slide in der Unterschicht. Der Song lässt abheben, aber auf eine ganze andere Art, als man vermuten würde. Man stelle sich das komplette Spektakel nur mal live vor, mit allen Instrumenten auf der Bühne und dem kompletten Exzess im Publikum.
Der Stillstand ist vorbei
Natürlich gibt es auch ganz klassisch auf’s Maul. Wobei sich bei TURNSTILE die Frage stellt, was klassisch oder traditionell bedeutet. Denn auch „Don’t Play“, „Endless“ und „Lonely Dezires (feat. BLOOD ORANGE)“ sind Lichtjahre von allem entfernt, was simpel gestrickte Hardcore-Ohren in den letzten Jahrzehnten hören (viele würde sagen „ertragen“) mussten. Grandios, dass gerade in diesem zum Stillstand verdonnerten Genre jetzt SOWAS möglich ist. Allerdings muss man, gerade im Vergleich zu den ersten EP und dem Debütalbum „Nonstop Feeling“, festhalten, dass der Bass von Franz Lyons klanglich etwas in den Hintergrund geraten ist. Einfach, weil viele Spielereien jetzt zusätzlichen Raum einnehmen. Dafür ist Drummer Daniel Fang präsent wie nie und hat einige Tricks auf Lager.
Bestes Hardcorealbum 2021, safe.
Die neu entdeckte, noch hibbeligere, Welt der Percussion (zum Beispiel in „Don’t Play“,“Black Out“ und „Wild Wrd“) steht TURNSTILE verdammt gut und gibt „Glow On“ noch mehr Schub. Unvorstellbar, dass man hier ruhig stehen bleiben kann und sich nicht mindestens zu heftigem Kopfnicken hinreißen lässt, wenn man sich schon nicht als Spitzentänzer*in oder lebende Windmühle bezeichnen kann. Eingerahmt von kullernd klingendem Soundgeblubber tauchen wir in „Glow On“ ein und einer guten halben Stunde wieder auf. Das Ende könnte nicht TURNSTILEiger sein, denn statt die Riffs von „Lonely Desirez feat. BLOOD ORANGE“ („Atomic Love“? BEATSTEAKS, Digga!) auszufaden, drehen sie nochmals kurz laut. Kinder klatschen in diesem Moment in die Hände und rufen mit glänzenden Augen „Nochmal, nochmal“.
Dauer: 35:02
Label: Roadrunner Records (Warner)
VÖ: 27.08.2021
Tracklist „Glow On“ von TURNSTILE
MYSTERY
BLACKOUT
DON’T PLAY
UNDERWATER BOI
HOLIDAY
HUMANOID / SHAKE IT UP
ENDLESS
FLY AGAIN
ALIEN LOVE CALL (FEAT. BLOOD ORANGE)
WILD WRLD
DANCE-OFF
NEW HEART DESIGN
T.L.C. (TURNSTILE LOVE CONNECTION)
NO SURPRISE
LONELY DEZIRES (FEAT. BLOOD ORANGE)
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