Lest die Review zu "Apokalypse Wow" von FRITTENBUDE bei krachfink.de

Frittenbude – Apokalypse Wow – Review

Auch wenn die Frage etwas spät kommt, denn immerhin ist “Apokalypse Wow” schon das sechste Album der Wahlberliner von FRITTENBUDE, aber trotzdem: Es ist schon so gewollt, dass einem so manche Textzeile bitter im Hals hängenbleibt, oder? Selbst wenn bei dem Elektropunk-Duo vermeintlich Beats und Fun im Vordergrund stehen und die von Indie-Gitarren getriebenen Songs massiv zum Tanzen auffordern, mich berührt das von jeher auf süß-melancholische, aber gute, Art.

Schon der Opener “Stoli”, mit Neunzigerjahre Dancefloor-Klavier in den Strophen und Bläsern im Finale, macht richtig Bock auf den gemeinsam Ritt. Das Hirn meldet sich sowieso meistens erst am Tag danach, also ab auf die Tanzfläche.

FRITTENBUDE 2023, Credit Marie Poulain

FRITTENBUDE geben einen Stoli aus

“Apokalypse Wow” von FRITTENBUDE – nicht zu verwechseln mit “Akopalüze Nau!!!” von HELGE SCHNEIDER – ist das Partykommando für den Untergang. Aber eben nicht peinlich, mit roten Nasen, bunten Hütchen verkleidet und doof die Augen vor den Tatsachen verschließend. Nein, es handelt sich eher um den lauten Aufruf zum letzten, trotzigen und gerade deshalb besonders intensiven Tanz. Wenn schon unweigerlich in Richtung Abgrund, dann bitte mit guter Laune und vorher noch ein bisschen Nachtreten.

Authentisch gute Laune ist, wie eingangs angedeutet, mit einem gut funktionierenden Gehirn im Kopf aber nicht so einfach zu konstruieren. FRITTENBUDE versteifen sich auch nicht nur auf den allgemein Weltabfuck, sondern genauso auf den ganz normalen Verfall, auch bekannt als Altern. Also handelt “Marx & Biggie” von Ficken ab Vierzig, von welkem Fleisch und der Tatsache, dass man den fuck vor allem auf alle anderen um sich herum geben muss.

Zeit heilt, Narbe heilt

Aber dann gibt es noch Songs wie “Sandradome”, wer hier aufmerksam zuhört, kriegt den geballten Hass von FRITTEBUDE ab. Da hat sich einiges angesammelt während der letzten Jahre, die Wut auf Querdenkende und die Tatsache, dass wir Kriege akzeptieren, sind hier einerseits smart codiert, aber mit etwas Hirn leicht zu dechiffrieren. Huhu, Nena! Auch das düster pumpende “Schlagstock” hat eine ganz eindeutige Adresse, mal ganz abgesehen von der Absurdität des Wortes. FRITTENBUDE machen keinen Hehl daraus, dass Schlagstock sich gut auf Arschloch reimt, die Sirene am Ende des Liedes wird rüde abgewürgt.

Und im düsteren nach vorne wirbelnden “Orchideen” formulieren FRITTTENBUDE den Moment, wenn die Angst uns überwältigt und die Tatsache, dass man aufeinander achten soll und sich immer wieder am eigenen Schopf aus dem Sumpf herausziehen muss… es geht ja doch immer weiter und wirklich Ende ist erst, wenn die letzte Band aufgehört hat zu spielen. Es sind wohl genau diese Momente, wenn Johannes Rögner so intensiv singt, dass man ihn tatsächlich dicht an seiner Seite wähnt, die FRITTENBUDE besonders machen.

FRITTENBUDE erwischen mich auch mit “Apokalypse Wow” wieder an einem wunden Punkt, stoßen mich zurück in eine ganz bestimmte Zeit, in der die Unsicherheiten noch genauso groß waren, wie der Drang besonders intensiv (er)leben zu wollen. Und so mag der formulierte Wunsch nach einem Neuanfang – oder der Hoffnung, dass sich hier irgendwann doch noch irgendwas tut – in “Neue Welt” vielleicht infantil und blauäugig wirken. Aber wie sang einst Sam von ARCHITECTS? Fuck it, I’m a dreamer and I’m dreaming on! Man kann die Krise einfach auch mit Wackelaugen auf bunten Pommes verschönern, das geht natürlich auch.

Dauer: 37:05
Label: Nachti
VÖ: 10.03.2023

Tracklist “Apokalypse Wow” von FRITTENBUDE
Stoli
Suchen/Finden
Marx & Biggie
Das Glas
Vorbei
Neue Welt
Sandradome
Schlagstock
Lass uns tanzen gehen
Orchidee
Halte dich ganz kurz fest
Tiefseetauchen

Artikel, die Dir gefallen könnten:
DEICHKIND – Neues vom Dauerzustand
FATONI kündigt neues Album “Wunderbare Welt” an
BEATSTEAKS und PABST live im Substage Karlsruhe, 02.06.2022 – Konzertbericht
Podcast Folge 37 mit DRANGSAL zum Album “Exit Strategy”
FATONI – Wunderbare Welt
DISSY – Anger Baby
Podcast Folge 70 mit NINAMARIE über “Was für Land, welch ein Männer”
Interview mit Drangsal zu seinem Buch “Doch”
Podcast Folge 55 mit Dissy zum Album “Anger Baby”
SATARII veröffentlicht den Song “Geh ma weg” 
Podcast Folge 49 mit Jan von TOCOTRONIC über “Nie wieder Krieg”
NALI & SAMON KAWAMURA – Asche
HENRI JAKOBS – Bizeps Bizeps
Podcast Folge 52 mit Sascha und Mike von SWUTSCHER zu “s/t”
Various Artists – The Problem of Leisure: A Celebration of Andy Gill and Gang of Four
FIBEL veröffentlichen Video zu “Winter”
DONKEY KID veröffentlicht Video zu “Birdhouse”
MESSER – No Future Days
KAPTAIN KAIZEN – Alles und Nichts
SMILE AND BURN – Morgen Anders
PLEIL – Die Spur des Kalenders
MAFFAI – Zen
Podcast Folge 23 mit MINE zum Album “Hinüber”
SCHUBSEN – Stühle rücken in Formation
CHAOZE ONE veröffentlicht Video zu “Memento Moria / Die Welt brennt”
PHILEAS FOGG – Kopf, unten
FRITZI ERNST – Keine Termine
LYIAN veröffentlicht Video zum Song “Hollywood”
AUA – I Don’t Want It Darker
ALL DIESE GEWALT kündigt Album “Andere” an
PAIN OF SALVATION – Panther
Interview mit Troy Sanders von Gone Is Gone zum Album “If Everything Happens For A Reason Then Nothing Really Matters At All”
PUSCIFER – Existential Reckoning
Podcast Folge 35 mit HENRI JAKOBS zu “Bizeps Bizeps”
Interview mit Markus und Sebastian von COLD zum Album “s/t”
65DAYS OF STATIC – replicr, 2019
Pabst live Press-Play Show vom 18.04.2021
HEADS. – Push
DANGER DAN – Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
METRONOMY – The English Riviera “10th Anniversary”
YAGOW – The Mess
Podcast Folge 28 mit FRITZI ERNST über “Keine Termine”
TURNSTILE – Glow On
SUMMER & THE GIANTESS – s/t

FRITTENBUDE bei Instagram

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert