Lest das Interview mit Sarah und Matti zu "4 von 5" bei krachfink.de

Interview mit Akne Kid Joe zu “4 von 5” – Teil 3

Seid ihr anfällig für Sekten?

Matti: Anfällig für Sekten? Ich wüsste nicht, wie das bei mir passieren soll, dass ich in so etwas hineingerate und mein Hirn komplett ausschalte.

Sarah: Ich würde einfach mal sagen, dafür bin ich zu sehr Realistin. Das hat ja immer was damit zu tun, dass dir jemand was vom ewigen Leben oder vom übernatürlichen oder irgend so eine, da geht es ja immer um so eine gottgleiche, was auch immer, Überperson.

Wenn das Thema der Platte nicht Politik ist, was ist das Thema der Platte?

Matti: Ach, ich weiß nicht.

Sarah: Ich finde, das Thema wären Mattis Gehirnabgründe und was ihn so in den letzten beiden Jahren beschäftigt hat.

Matti: Ich würde auch sagen, das Thema sind einfach irgendwie schon die Gedanken, die ich zwischen 2022 und 2023 hatte oder so.

Lasst uns auch mal über den Song “Legende am Glas” sprechen, der Einstieg hat mich krass an TURBOSTAAT erinnert, das Lied hat mich von Fleck weg überzeugt.

Matti: Danke. Das ist auch einer meiner Favoriten, wir beide haben schon darüber gesprochen. Ich hätte den gerne als Single herausgebracht. Sarah meinte dann, dass sie das grundsätzlich versteht, der Song aber schon mit so einem gewissen Rock-Pathos daherkommt. Wenn man den im Rahmen des Albums hört, dann passt der voll gut rein und ist meiner Meinung nach eigentlich auch der stärkste Song auf der Platte. Aber wenn man den vielleicht losgelöst im Rahmen einer Single hört, dann könnte man schon uns irgendwie uns attestieren, dass wir jetzt so ein bisschen einen auf Rock-Hymne machen. Also, dass wir gewollt einen auf Hymne machen und diesen Vorwurf, den will man sich hier natürlich nicht gern anhören. Deshalb verstehe ich da Sarahs Einwand.

Unser Ex-Drummer René, der ja keinen Alkohol trinkt, der hat den Song zum Beispiel überhaupt nicht verstanden. Er meinte immer so, er findet den Song voll gut, aber er checkt halt dieses Sauf-Thema nicht und fragt sich, warum da so ein billiges Sauf-Thema der Kern des Songs ist. Dabei ging es mir darum, im Endeffekt den Abgrund zu beschreiben, also ich kann mich da schon selber auch voll reinfühlen. Man ist ja doch oft einfach ein trauriger Hans Wurst und es läuft nicht so gut. Dann geht man in die Kneipe und knallt sich 12 Bier rein, steht auf einmal auf dem Tisch und grölt mit, dann ist alles geil. Und am nächsten Tag ist man krass angeschlagen und merkt nichts. Und dann geht man vielleicht wieder in die Kneipe und fängt an zu rauchen, obwohl man seit Jahren nicht mehr raucht. Oder man haut jemandem auf die Schnauze, weil man denkt, das tut dem jetzt auch mal ganz gut. Also im Endeffekt beschreibt es schon auch so persönliche Abgründe, die überhaupt nicht erstrebenswert sind.

Aber man ist manchmal in einem Zustand innerhalb der Kneipen-Settings, da kommt man gar nicht in den Reflektionsmodus, sondern denkt sich so, fuck it, jetzt saufe ich mir die Hucke voll, und jetzt ist alles geil. Und jetzt bin ich hier die “Legende am Glas” und jetzt bin ich der Rock’n’Rollstar, und morgen ist mir scheißegal. Und das fand ich eigentlich voll gut als Thema.

Es ist im Endeffekt so ein bisschen (überlegt) …eine Milieustudie und auch ein bisschen Selbstkritik.

Aber ich empfinde das auch überhaupt nicht als verherrlichend, sondern wirklich ernsthaft als Beschreibung, so wie es eigentlich ist und auch nicht verweichlicht, weil du ja immer so schreist. Die IDLES haben ebenfalls genau diesen Punkt ja auch aufgegriffen, in ihren Anfängen.

Sarah: Es ist die Momentaufnahme von einem Abend und vielleicht mit einer Vorausschau, wie der nächste Tag sein könnte.

Matti: Wir sprechen schon über sowas, ob das zu rockig oder zu poppig klingt. Aber Peter sagt dann auch immer, ich soll mir überhaupt keinen Stress machen, sobald ich in der Gesangskabine drübersemmel, hat es mit beidem nichts mehr zu tun.

Sarah: Ich finde den Song übrigens grundsätzlich voll geil und ich glaube, es wird richtig cool, den live zu spielen. Nur als Teaser für das Album war er jetzt nicht geeignet. Innerhalb des ganzen Albumprozesses war es ganz oft Thema, dass wir versuchen wollten, unsere Schranken aus dem Kopf zu bringen und nicht nachzudenken: Was wäre jetzt eigentlich das Beste für das Musikbusiness? Wie schreibt man gute Songs, damit die möglichst oft bei TikTok oder im Radio laufen? Und ich hatte einfach die Befürchtung, wenn man den Song als Erstes veröffentlicht, dass die Leute sich denken, ja fuck ey, vier Alben, schon ein geiler Song, aber jetzt machen die auch so Stadionrock oder was ist los mit denen? Das wollte ich vermeiden.

Musikalisch ist “Heute im Spam-Ordner!” mein Highlight, den finde ich richtig gut und auch stark performt!

Matthias: Irgendwann hat meine Freundin eine Spam-Mail bekommen und mir weitergeleitet. Spam-Mails, die werden ja voll oft von Bots geschrieben, die wählen halt aus zwischen verschiedensten Floskeln, das ist wie ein Baukasten. Also ich schätze einfach mal, dass es so läuft. Und irgendwie muss wohl der Bot da alles verhauen haben, denn es war eine DIN-A4-Seite ohne Punkt und Komma und da stand wirklich genau der Text vom Song drin.

Lest das Interview mit Sarah und Matti zu "4 von 5" bei krachfink.de
AKNE KID JOE 2024, Foto von Kay Özdemir

Mir war sofort klar, fuck, ich muss da einen Song schreiben, das ist ja arschgeil. Also habe ich ein bisschen Struktur hineingebracht und dann hab ich beim letzten Album schon diesen Song angeschleppt. Ich hab’s Peter gezeigt und er fand es richtig scheiße. Und mich hat’s voll genervt halt, aber Peter fand wohl eher meine musikalische Idee dazu nicht so gut und ich hab einfach gemerkt, er hat jetzt keinen Nerv, sich jetzt mit diesem Song zu befassen.

Also habe ich angefangen, selbst diesen Song zu machen und dafür habe ich mich zum ersten Mal an ein Computerprogramm gehockt und so ein “Blue Monday”-ähnliches Ding wie von NEW ORDER gebastelt. Eigentlich fand ich es cool, habe es dann aber verworfen und dann auch gar nicht mehr angefasst. Und dann haben wir uns jetzt getroffen, im Zuge von den Albumaufnahmen für “4 von 5” und ich hatte alle Songs geschrieben, wir haben uns im Tonstudio getroffen und den Song hatte ich gar nicht mehr auf der Rechnung.

Ich habe angefangen, meine Gitarre so einzustellen, dass es passt für die Aufnahme und dafür habe ich einfach immer nur drei Akkorde gespielt, drei komplette, standardbeschissene Akkorde, die wirklich jeder Mensch, der eine Gitarre zum ersten Mal in die Hand nimmt, irgendwie auch intuitiv spielt. Und dann hab ich angefangen, darüber so eine Melodie zu summen und dachte, eigentlich ist das ganz catchy.

Das fanden die anderen auch und dann kam mir die Idee, dass ich noch diesen Spam-Ordner-Song habe und man es damit ja mal versuchen kann. Also haben wir als erste Amtshandlung in diesem Tonstudio alles, was wir geplant haben, hinten angestellt und einfach gesagt, wir spielen jetzt aus diesen drei random Akkorde, die ich beim Soundcheck gespielt hab, mit diesem Song, den irgendwann mal dieser Computer-Bot uns geliefert hat. Und das war unser erster Song, den wir aufgenommen haben. Und wir haben den dann live eingespielt und uns gleich reingesteigert, hier noch die Flöte und da noch eine Orgel.

Ich hätte mir den sogar als Eröffnung für die Platte vorstellen können.

Matti: Stimmt, das wäre auch cool gewesen, von wegen “Hallo, lange nichts von dir gehört…”. Wir haben uns kurz überlegt, ob wir einfach den als erstes Single raushauen, aber jetzt schließt er eben das Album ab.

Artikel, die Dich interessieren könnten
Interview mit AKNE KID JOE zu “4 von 5”, Teil 2
Millenial Punk – Eine Subkultur in Zeiten der Digitalisierung
Interview mit SCHUBSEN zum Album “Das Öffnen der Visiere”
BATS – Under The Crooked Claw
SCHUBSEN – Das Öffnen der Visiere
PETER MUFFIN vs. EINERBANDE
Podcast Folge 38 mit AKNE KID JOE über “Die Jungs von AKJ”
REIZ – Das Kind wird ein Erfolg
Podcast Folge 93 mit PASCOW zum Album “SIEBEN”
DAS PACK – Die Kernseife der Medaille
YA/NEL – Demo
LOBSTERBOMB veröffentlichen Video zum Song “Sense”
Interview mit Jan von TURBOSTAAT zum Album “Uthlande”
Podcast Folge 02 mit Marco Pogo von TURBOBIER über die Bierpartei
TURBOSTAAT – Uthlande
Interview mit Torben und Jörkk von TRIXSI zum Album “Frau Gott”
TRIXSI – Frau Gott
BEATSTEAKS – In The Presence Of…
Podcast Folge 03 mit Sarah und Matti von AKNE KID JOE
Gemischte Tüte mit CLOWNS
TOT – Lieder vom Glück
MESSER – No Future Days
SCHARPING – Powerplay
DESOLAT – Onmyōdō
DIE CIGARETTEN – Crashkid (EP)
LOSER YOUTH – Warum haust du dich selbst?
DETLEF – Supervision
GIRL TONES – Rainbows and Butterflies
Podcast Folge 06, Der krachfink.de Jahresrückblick mit Sarah und Matti von Akne Kid Joe Teil 1
Podcast Folge 07, Der krachfink.de Jahresrückblick mit Sarah und Matti von Akne Kid Joe Teil 2
THE BLACK ELEPHANT BAND – Master Of Indecision
SCHRENG SCHRENG & LA LA – Projekt 82
RAZZIA – Am Rande von Berlin
Podcast Folge 20 mit Linus Volkmann und Akne Kid Joe
DAN GANOVE – Schlafzimmerblick
AKNE KID JOE – Die große Palmöllüge
Podcast Folge 13, Wir pauken Musik mit Sarah und Matti von AKNE KID JOE
GLOO – How Not To Be Happy

AKNE KID JOE Homepage

2 Kommentare

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert