Tunic Exhaling Artwork

Tunic – Exhaling – Review

Das Album “Exhaling” der kanadischen Noise-Punkband TUNIC aus Winnipeg ist bockig wie ein ungezähmtes Pferd. Hier vereint sich quasi alles, was das Trio in den letzten Jahren als Singles oder auf EP veröffentlicht hat und drei neue Songs. Wer jetzt einsteigt, kann sich also gleich dreiundzwanzig Schellen auf die Ohren klatschen lassen und den Gedankensquash zelebrieren.

Wer schon länger dabei ist, wird hier unter Umständen nicht genug Neues finden. Über Kreuz gelegte Rhythmen verbünden sich mit dem Schreien des Sängers David Schellenberg, der sich mal in den Mehrfachtakt einfügt oder auch gleich einen anderen, neuen anschlägt. Das ist eigentlich in allen Songs gleich, dieses Prinzip verlangt aber auch nicht nach Entwicklung.

TUNIC, 2021 Foto von Adam Kelly

Ohne Kompromisse

Kompromisslosigkeit ist das Schlagwort für TUNIC allgemein und für “Exhaling” im Speziellen. Aufgrund der Enstehung der Zusammenstellung, folgt das Album natürlich keinem atmosphärischen Aufbau und es wird strikt durchgeprügelt. Der Bass von “Dry Heave” wankelt wie ein Boxer kurz vor dem Knockout nach vorne, während die Gitarren einfach nur offene Powerchords beisteuern, die ihn eher rüde schubsen, statt stützen.

Die neuen Songs folgen schon einer etwas zahmeren Struktur. TUNIC sind übrigens eine der Bands, an die ich dache, als ich in der Review zu “Crawler” von IDLES davon schrieb, dass diese sich bei dem neuen Album an der Vehemenz von eher unbekannteren Noise-Punkbands orientieren. “Invalid” könnte locker eben auch von den Senkrechtstartern aus Bristol stammen.

TUNIC können ihre Songs in knappen zwei Minuten erzählen, aber auch etwas ausweiten. Beides Tricks funktionieren. Wenn “Boss” am Ende im Noise-Gefecht vergraben wird und TUNIC klarstellen, dass wir einfach auch alle kontrolliert werden wollen, schlagen sie uns gleich doppelt ein Schnippchen, eben weil sie uns vorher an der langen Leine gelassen (und somit kontrolliert) haben.

Mit dreckigen Fingern in die offenen Wunden

TUNIC sind besonders gut, wenn sie mit den dreckigen Fingern in die offenen Wunden gehen. “Disappointment” klingt wie der Untergang im Loop, herstellt mit weniger als einer Handvoll Tönen. Die Stimmbänder komplett gereizt, gibt es laustark nur schlechte Nachrichten zu verkünden. “Nothing Nothing” erzeugt ein angenehm, unangenehmes Vakuum, in dem die Hörerinnen und Hörer gnadenlos von einer Ecke in die andere gestoßen werden. Der Song ist ein einziger Alarmzustand.

In “Hesitant Gesture” und “Shaking Hands” hat dann den Drummer die Zügel in der Hand. Erinnerungen an die Anfänge von DIE!DIE!DIE! werden wach, die damals auch alles mit den Schlagstöcken geregelt haben. Bands wie TUNIC und Alben wie “Exhaling” sind für Menschen geeignet, die kein Happy End brauchen. Dunkel, keine Vorhersage auf Besserung.

Dauer: 49:21
Label: Artoffact Records
VÖ: 09.04.2021

Artikel, die Dich interessieren könnten:
Gemischte Tüte mit Idles
PISSED JEANS – Half Divorced
LEATHERETTE – Fiesta 
TWIN DRUGS – In Now Less Than Ever 
TALK SHOW – Touch The Ground
BAD BREEDING – Human Capital
PART CHIMP – Drool
DITZ – The Great Regression
Interview mit FIT FOR AN AUTOPSY über “Oh What The Future Holds”
FRANK CARTER AND THE RATTLESNAKES – Sticky
Interview mit JOHN über das Album “Nocturnal Manoeuvres”
IDLES – A Beautiful Thing: Live at Bataclan
JOHN – Nocturnal Manoeuvres 
IDLES – Ultra Mono
Gemischte Tüte mit Joe und Marc von IDLES
CROWS – Silver Tongues
Interview mit Bassist C von FIDDLEHEAD über “Between The Richness”
BEATSTEAKS – In The Presence Of…
LIFE – A Picture Of Good Health
Fotos und Videos von IDLES und LIFE im Club Schorndorf, 13.04.2020
IDLES starten Balley TV und Banddoku verfügbar
THE SPITFIRES – Life Worth Living
FONTAINES D.C. – A Hero’s Death
THE HOMELESS GOSPEL CHOIR – This Land Is Your Landfill
THE NEW SOUTH WHALES – I Just Do What God Tells Me To Do
JADE HAIRPINS – Harmony Avenue
FONTAINES D.C. – Dogrel
HAL JOHNSON – Seasons
FAKE NAMES – s/t
DEFTONES – Ohms
BOB MOULD – Blue Hearts
METZ – Atlas Vending
BILLY NOMATES – s/t
Various Artists – The Problem of Leisure: A Celebration of Andy Gill and Gang of Four
BILLY NOMATES – Emergency Telephone (EP)

TUNIC im Netz

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert