Lest die Review zu "Wunderbare Welt" von FATONI bei krachfink.de

Fatoni – Wunderbare Welt – Review

Glaubt man den ganzen Vorschusslorbeeren, die FATONI für sein neues Album „Wunderbare Welt“ bekommt, dann wird das mit Sicherheit eine Treppchenplatzierung in den Charts. Gegönnt sei es ihm, denn dass er von Anfang an jedes Klischee mühelos umschifft und im breitbeinigen Hip-Hop-Kosmos eben nicht von Blingbling flext, sondern von Zweifeln, Liebe und über politische Schieflagen singt, ist beeindruckend. Ohne bittere Themen auszusparen, ist man nach einem Album von FATONI immer gut gelaunt.

Man glaubt es ihm sofort, dass er schlittert im Leben, manchmal alles hinwerfen will und zwar deshalb, weil er genau hinschaut, was so um ihn herum passiert. Es gibt Schönes und Trauriges zu sehen und zu erleben, FATONI verarbeitet in seiner Kunst beides und würde man die dunklen und hellen Momente auf „Wunderbare Welt“ abwiegen, es ginge garantiert auf das Milligramm genau hälftig auf.

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FATONI, 2023 Foto von Stephie Braun

„…als ob hier alles schön ist…“

Seine Ausbildung als Schauspieler und seine damit verbundene Leidenschaft für Film und Theater tauchen auf „Wunderbare Jahre“ immer wieder auf. Manchmal offensichtlich und noch öfter subtil. In den Samples, in den Songtiteln, in den aufwendigen Videos, aber auch in der Art wie er performt. In „Fröhlich“, eigentlich ein Duett mit Alfred J. Kwak, lässt er bewusst beide Interpretationsmöglichkeiten stehen. Wie man in dieser Welt voller Kriege und Leid fröhlich sein kann, das könnte man sich sicherlich fragen. Aber dass man auch mal fröhlich sein sollte, muss und darf, weil das Leben sonst so gar keinen Sinn ergibt, steht auch außer Frage.

Das Doofsein konsequent kontern

FATONI hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass DEICHKIND für ihn eine künstlerische Inspiration sind. Das erste Duett mit Kryptik Joe ist acht Jahre her und im Titelsong gibt es jetzt eine Verneigung vor Porky. Nun ist die Band, inklusive Roger Rekless, mit „Dumm“ wieder am Start. Und die Idee, das Doofsein ernsthaft bedrohlich wirken zu lassen, ist gar nicht so weit hergeholt. FATONI selbst wird in dem Song allerdings stark an den Rand gedrängt, hat sich das Stück fast komplett aus der Hand nehmen lassen. Wenn das DEICHKIND am Mic ist, tja… bon voyage. Aber auf der eigenen Platte einen Schritt zurücktreten, auch das spricht für FATONI.

Scheinbar unwesentliche Alltagsbeobachtungen

Mit dem Songtitel „Mid90“ spielt FATONI wahrscheinlich auf den tollen Film von Jonah Hill an. Der Song selbst ist ein schönes Sammelsurium, zusammengestellt aus popkulturellen Referenzen und persönlichen Erinnerungen von FATONI, das ohne zu verklären, sofort ein treffendes Bild davon zeichnet, wie es sich früher anfühlte, Mitte der Neunziger. Scheinbar unwesentliche Alltagsbeobachtungen wie „Farben sind deutlicher, Mitte der Neunziger, in der Erinnerung…“ lösen bei mir sofort etwas aus, ebenso wie smarte Wortspiele wie „…jeden Morgen stehst du auf, für deinen Lebensabend„. In „Mein junges Ich“ wirft er ebenfalls einen Blick nach hinten, saitenzupfend gibt er zu, dass er früher nichts außer Hip Hop gelten ließ und im Gitarrenmusik mit der typischen Hybris eines Teenies verachtete.

Bitter und zuckersüß, gut durchgemischt

Das kurze Lied ist aber eigentlich eher ein Türöffner für das folgende „Wär doch schlimm (feat. Max Herre, MOLA), ein Feature mit zwei Menschen, die musikalisch von jeher weit über den Tellerrand blicken. Und auch eine Versöhnung mit der Tatsache, dass man sich im Leben eben verändert und die Vergangenheit die Zukunft beeinflusst. Ein freundliches Handreichen an alle, die krampfig versuchen an Idealen festzuhalten, die sie gar nicht mehr vertreten und fühlen. Gerade als Künstler ist es mit Sicherheit schwierig, immer bei sich zu bleiben und nicht nur ein von außen gestaltetes Bild zu bedienen.

In Songs wie „Ich surfe“ hört man deutlich FATONIs Vergangenheit in der Cypher und seinen Spaß am Musikmachen. Dieses erstmal ziellose Herumkauen auf einem Thema und einem Beat, arbeitet komplett gegen jegliche Hit-Formel. „Links Rechts“ bezieht sich mitnichten auf politische Ausrichtungen, es ist eher ein genereller Rant, bei dem FATONI imaginäre Schellen anbietet, einfach mal querbeet für alles, was ihm gerade gegen den Strich geht. FATONI präsentiert uns das Leben auf „Wunderbare Welt“ in realistischen Häppchen, das schmeckt mal bitter, mal zuckersüß und am Ende ist es eh die Mischung, die es ausmacht.

Dauer: 44:30
Label: LOL Records
VÖ: 19.05.2023

Tracklist „Wunderbare Welt“ von FATONI
Wunderbare Welt
Du wartest (feat. Tristan Brusch)
Fröhlich
Danke dass du mich verlassen hast (feat. Danger Dan)
König der Zweifler
Mid 90s
Alle ziehen
Ich surfe
Dumm (feat. Deichkind, Roger Rekless)
Links Rechts
Pete
Mein junges Ich
Wär doch schlimm (feat. Max Herre, Mola)
Mit dem Taxi in die Therapie

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