Blond – Perlen – Review
Was sagt das jetzt eigentlich über die Gruppe BLOND aus Chemnitz aus, dass sich „Perlen“ so überhaupt nicht anfühlt, wie ein zweites Album? Das Trio ist extrem präsent und gehört gefühlt schon ewig zur deutschen Musikszene, spielt dieses Jahr unter anderem bei Rock am Ring. Ganz offensichtlich treten Johann, Lotta und Nina mit ihrem einprägsamen Indie-Pop offene Türen ein. Denn es gelingt ihnen, mit ihren smarten Texten über innere Zustände, Sexismus und gesellschaftliche Missstände eine Menge Menschen für sich zu begeistern. Über ihr Label Betonklunker Tonträger veröffentlichen sie nicht nur ihre eigene Musik, sondern auch die anderer Bands.
Witzig ist, wenn man trotzdem lacht
Die Frage, ob die Themen, über die BLOND auf „Perlen“ singen, dich betreffen, stellt sich eigentlich nicht. Denn das tun sie, direkt oder indirekt. Sexismus, Feminismus und seelische Gesundheit lassen sich nicht ignorieren, die Folgen davon beeinflussen unsere Gesellschaft enorm. BLOND gelingt es zwar, diese schweren Inhalte locker mit eingängigen Hooks zu vermengen, das macht sie aber nicht weniger bitter.
In der schonungslosen Offenbarung „Immer lustig“ und im herrlich hypnotisch pumpenden „Sims 3“ wird klar, dass die Beschäftigung damit wichtig, aber mit Sicherheit nicht vergnügungssteuerpflichtig ist. Genau an diesem Punkt werden manche abspringen, denn geht es beim Pop nicht eigentlich nur um Paaaardy und das am besten hard? Die Party kommt bei BLOND mit Sicherheit nicht zu kurz und gerade auf „Perlen“ erweitern sie ihr musikalisches Spektrum. Sogar Rap findet Platz auf der Platte. Johann gibt in „Oberkörperfrei“ den Babbo, das macht er verdammt gut und droppt Lines wie: „ich muss dich nicht sehen, um zu wissen, dass du ein Lappen bist…“, lol.
Nie mehr toxic vibes
Das düstere „Du und Ich“ fährt gut damit, den Spieß umzudrehen und Typen vor Augen zu führen, dass aus ungefragt an den Arsch fassen oder kommentarlose Fotos vom eigenen Pillemann schicken mit Sicherheit keine Lovestory entsteht. Die Formel BLOND geht sowieso nur auf, da das Trio Humor hat und zwar reichlich.
Mit „Toxic“ kommt sogar noch eine Spur Hellsehen dazu, denn woher sollten BLOND wissen, dass die Computerspielverfilmung von „The Last Of Us“ rund um die Veröffentlichung von „Perlen“ gerade ein Hype sein wird und sich tatsächlich viele dafür interessieren, wie das mit den Ameisen und dem Pilzbefall war. Der Vergleich zieht durchaus, denn die Episode mit der ferngesteuerten Freundin, die ihr Leben komplett von seinem abhängig macht, kennt wohl jeder.
Die Mischung macht es aus
BLOND gefallen mir am besten, wenn sie den Humor mit grandios ernsthaften und den Pop in seiner Simplizität eigentlich sprengenden Kompositionen kontern („Sims 3“, „Mein Boy“, „Männer ft. addeN“, „Toxic“). Der Zusammenhalt der Drei ist beneidenswert und übertragt sich komplett auf die Musik. Da kommt wenig von außen dazu, das spürt man und das ist genau richtig so. BLOND sind BLOND und fertig.
Ein bisschen wirkt es aber so, als ob die stramme Fangemeinde, die Blondinators, der Gruppe BLOND eh alles dankbar aus den Händen reißen würde. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass BLOND damit einen kleinen Trend losgetreten haben, der jetzt Bands nach vorne bittet, die eben nicht dem 08/15-Klischees von vier Kerlen in Jeans und Shirt entsprechen.
Dauer: 34:34
Label: Betonklunker Tonträger
VÖ: 21.04.2023
Tracklist „Perlen“ von BLOND
Intro
Durch die Nacht
Männer ft. addeN
Du und Ich
Sims 3
Toxic
Immer lustig
Mein Boy
Oberkörperfrei
Ich sage ja ft. POWER PLUSH
Du musst dich nicht schämen
Outro
Artikel, die Dir gefallen könnten:
BIPOLAR FEMININ – Ein fragiles System
WENN EINER LÜGT DANN WIR – Betrug in den Charts (EP)
FINNA – Zartcore
Podcast Folge 99 mit MALONDA über „Mein Herz ist ein dunkler Kontinent“
THE HEAVY – Amen
GHOST kündigen neue EP “Phantomime” an
Podcast Folge 85 mit DIVES über “Wanna Take You There”
EXAKT NEUTRAL – 13 Wunde Punkte
Podcast Folge 71 mit Liser und Taby Pilgrim über “Ja”
LISER und TABY PILGRIM veröffentlichen “Berliner Luft” und “Streamingbetrug”
futurebae – Willst du mit mir gehen? (EP)
LISER und TABY PILGRIM veröffentlichen “Popstar ist kein Vollzeitjob” und erste Folge der Mini-Serie
KAPA TULT – Meinten Sie Katapult?
Podcast Folge 67 mit FINNA über “Zartcore”
WENN EINER LÜGT DANN WIR – Ironie Oder Schicksal
Podcast Folge 48 mit ALARMSIGNAL über “Ästhetik des Widerstands”
MIA MORGAN kündigt Debütalbum an
Interview mit PIPPA zur EP “Lifestream”
THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERAUM – Gefühle
RAUCHEN veröffentlichen Video zum Song “Angst”
KOLLEGE HARTMANN – Modus Mindestlohn
KUMMER – KIOX
GOLDROGER – Diskman Antishock
MÄDNESS – OG
THEA WOOFER – Bloß nicht mit Fremden sprechen
GOLDROGER – Diskman Antishock II
HARTZ ANGELS – Euch die Arbeit, uns das Vergnügen
Interview mit GOLDROGER zum Album “Diskman Antishock II”
RUN THE JEWELS – RTJ4
ANTILOPEN GANG – Adrenochrom
NALI – Mondwächter (EP)
DEXTER – Yung Boomer
HAIYTI – Influencer
BRUCKNER – Zerrissen
NALI & MOTB – Joga Bonita
Podcast Folge 14 mit OLYMPYA zum Debüt “Auto”
DISARSTAR – Deutscher Oktober
DIE P – 3,14
LYRICO – Reservoir Dogs
Podcast Folge 17 mit der Rapperin DIE P über ihr Debüt “3,14”
S-ERO & EIFELGANGSTA – Bis hier her…
MÄDNESS – Mäd Löve
VANDALISMUS – Bombers From Burundi
Podcast Folge 26 mit BABSI TOLLWUT über die EP “Rapisoden”