The Toten Crackhuren im Kofferraum - Gefuehle Artwork

The toten Crackhuren im Kofferraum – Gefühle – Review

Dass vier Musikerinnen, die sich wie die Berliner Elektro-Pop-Band unter dem Banner THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERRAUM zusammenfinden, nicht zimperlich sind, kann man sich schon denken. Aber warum nennen die denn ihr Album „Gefühle“, haben die etwa welche? Ja, ziemlich reflektierte sogar und noch dazu einen differenzierten Blick auf ihre Umwelt und gesellschaftliche Zusammenhänge.

Die wahre Kunst liegt aber darin, dass es ihnen gelingt den ganzen Dreck und das emotionale Elend in Hitgranaten zu kanalisieren. Tanzt die Scheiße weg, das ist der grundsätzliche Tenor auf Album Nummer vier.

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THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERRAUM 2021, Copyright Anja Sudbin

Bin ich Dir zu asi? Oder bin ich Dir zu nett?

Selbst wenn THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERRAUM sich mit „Gefühle“ oft auf ihr direktes Umfeld in Berlin beziehen, dann sind die Botschaften doch universell gültig. Bewertungen von Körper und daraus eine Ableitung von Wertigkeit („Bewerte mich“), sowas findet überall statt. Sich mit den eigenen Umständen zufriedengeben und im tiefsten Ghetto noch positive Seiten zu sehen („Living The Dream“), das hilft auch in Duisburg oder Karlsruhe. Für viele ist es überhaupt der letzte und einzige Ausweg, um nicht an ihrer bekackten Situation kaputtzugehen.

Frei nach dem Motto „Ist der Ruf erst ruiniert…“ überspannen THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERRAUM den Bogen ganz bewusst, grinsend und mit Stinkefinger winkend. Deshalb gibt es NDW, Pop genauso selbstverständlich wie heftigen Techno. Der ballert uns in „Bau mir nen Schrank“ um die Ohren, die Musik-gewordene Antwort darauf, wie sich der Boi fühlen würden, wenn er ausschließlich sexistische kategorisiert und abwertend in ein enges Rollenbild gezwungen wird.

Punk soll sich ficken gehen

Mit hochkarätigen Gästen wie Taby Pilgrim („Bau mir nen Schrank“), BLOND, BABSI TOLLWUT, Archi Alert (TERRORGRUPPE) und mighty Annette Benjamin (HANS-A-PLAST), wird hier einiges an Vielfalt geboten. Bekannt ist auch ein gewisser P. Lombardi, der in einem Sample zu „Ich bin eine Schlampe“ seinen ungewollten Auftritt hat. Man kennt ihn, er ist ein normaler Mensch. Oder ist er doch eine Schlampe? Nach 13 Jahren Bandbestehen wenden sich die CRACKHUREN mit „Punkrock hat mir mein Herz gebrochen“ und ihrem Herzschmerz an den Punk direkt.

Damit reizen sie die Strapazierfähigkeit von den good old boys, die Punk für sich beanspruchen, Alibi-mäßig gegen Nazis und in echt nur für Bier und Sexismus sind und jeden Fortschritt nach RAMONES ablehnen, komplett aus. Schlimmer war für die wohl nur BLÜMCHEN beim Ruhrpott Rodeo 2019. Ein gebührender und letztendlich auch versöhnlicher Abschluss für ein starkes Album, das zwar immer ein Augenzwinkern hat, aber unterm Strich einfach viele, bittere Wahrheiten ausspricht.

Dauer: 45:22
Label: Bakraufarfita Records
VÖ: 15.10.2021

Tracklist „Gefühle“ von THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERRAUM
Alles verkacken
Zurück in der Gosse
Living the Dream
Bewerte mich
1000 kleine Ameisen
Ich will dich heulen sehen
Du könntest gehn
Bau mir nen Schrank
Herz
Officer Sexy
Ich bin eine Schlampe
Woher soll ich wissen was ich will?
Punkrock hat mir mein Herz gebrochen

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